Kapitel 83 – Das Philipp-Lahm-Liebescamp



Philipp führte Holger weg von den Kaninchen mehr in das aktive Leben des Camps. In diesem Fall ging es um den großen Kreis rund um das Lagerfeuer, war immer am Ende des Camps angezündet wurde. Einige Kinder waren schon da und warteten geduldig. Natürlich war auch immer Betreuungspersonal dabei. Die geschulten Mitarbeiter hatten stets ein Auge auf die Kinder. Eine der Frauen begrüßte ihn auch direkt.


„Herr Lahm, hallo, wir freuen uns, Sie hier zu sehen“, freundlich hielt sie ihm die Hand hin.


Zu Beginn wurde Holger einer Frau Schmidt vorgestellt, die sehr freundlich auf ihn wirkte. Aber er hatte mehr Augen für die Kinder, von denen einige aufgeweckte Jungs und Mädchen direkt auf sie zu kamen, als Philipp von ihnen gesichtet wurde.


„Hallo Frau Schmidt, freut mich auch. Darf ich Ihnen Holger Badstuber vorstellen? Er vertritt – wie ja schon angekündigt – Bastian Schweinsteiger.“


„Es freut mich sehr, Herr Badstuber. Silke Schmidt mein Name.“ Die Frau Ende 30 hielt ihm die Hand hin, ehe es um das Wesentliche ging.


„Wir beginnen mit einer kleinen Vorstellungsrunde. Danach gehen wir in die einzelnen Workshops, in denen die Kinder warm werden können, mit Ihnen. Danach machen wir als Abschluss eine kleine Fragerunde. Okay?“


In Philipps Ohren klang das recht plausibel, weswegen er zustimmte. „Fangen wir an.“


Frau Schmidt trommelte alle Kinder des Camps zusammen, damit der aufregende Nachmittag mit den zwei Profis beginnen konnte. Wie schon erwartet, waren viele Kinder zu Anfang recht schüchtern. Die Vorstellungsrunde war für viele das schlimmste. Sie stotterten und fühlten sich etwas unbehaglich bei den fremden Männern.

In den Workshops würde das aber direkt anders werden.


Bei der Vorstellungsrunde konnte er nicht anders als zu lächeln, obwohl er die Nervosität der schüchternen Kinder sehr gut verstand, die es nicht ganz so gut fanden bei so einer großen Masse an Kindern kurzzeitig im Mittelpunkt zu stehen. Ab und zu ertappte sich Holger aber auch dabei, wie er Philipp von der Seite her musterte, auch in seinem Gesicht war die Freude auf den gemeinsamen Nachmittag erkennbar. Automatisch übertrug sich etwas von dieser Euphorie auf den Innenverteidiger. Es bestand kein Zweifel mehr daran, dass er das gemeinsame Erarbeiten mit den Kindern, der Grundaspekte einer gesunden, reichhaltigen Ernährung, voll und ganz genießen würde.


Während Holger sich bei der Ernährung aufhielt, ging Philipp den Bereich Sport mit den Kindern ab. Immer wieder warf er Holger dabei Blicke zu, aber er hatte nicht den Anschein als würde ihn das langweilen oder nerven. Ja, Philipp stellte fest, dass es gut für den Innenverteidiger war, wenn er mal rauskam.


Die leere Pyramide mit verschiedenen Fächern, die sie befüllen mussten, machte Holger am meisten Spaß. Einige Fehler passierten den Kindern noch, aber Holger half gerne aus und erklärte sogar einiges von seinem eigenen Wissen. Bei anderen Lebensmitteletagen las er ihnen dann die korrekte Erklärung vor, um ihnen genug Wissen und Informationen auf den Weg zu geben.
Die Zeit verging erstaunlich schnell, wodurch sich der Nachmittag dem Ende neigte. Ausklingen würden sie das alles in einer munteren Fragerunde.


Als dann alle Gruppen einmal an jedem Workshop teilgenommen haben, versammelten sich alle wieder in dem großen Kreis für die Fragerunde. Die Kinder waren aufgetaut und wissbegierig. Viele wollten ihre Fragen loswerden, aber Philipp fing an und fragte die Kinder.


„Ihr habt ja bisher schon einiges in dem Camp gelernt, auch über Freundschaft. Wie muss ein guter Freund für euch sein?“ Eine wichtige Frage, wie er fand. Und vor allem etwas, was die Kinder für die Zukunft lernen mussten, denn nicht alle Menschen waren Freunde, selbst, wenn sie auf den ersten Blick so schienen.


Es überraschte Holger im ersten Moment, dass Philipp es war, der zuerst eine Frage an die Kinder stellte. Oder lag es mehr daran, was für eine Frage er stellte und einige Kinder gleich, neben gemeinsame Interessen, Spaß, Loyalität, Verständnis und Vertrauen, von Ehrlichkeit sprachen. Holger senkte leicht den Kopf. Wenn Philipp das auch von seinen Freunden erwartete, dann war der Blonde wohl nicht der richtige für ihn, immerhin hatte er ihn eiskalt angelogen, nur um die Wahrheit vor ihm geheim zu halten. Oder war das etwas anderes? Es war schließlich eine Wahrheit, die ihre Freundschaft schützen sollte...


Die Antworten der Kinder überraschten Philipp. Sie schienen von ihren Antworten her sehr erwachsen zu sein. Zumindest wussten sie, worauf es ankam. Das alles waren Eigenschaften, die auch er sehr schätzte. Wobei es nicht immer so einfach war, dass wusste er vielleicht wie kein anderer. Er schätzte die Freundschaft zu Holger sehr, aber sie war nicht immer leicht gewesen. Äußere Faktoren hatten sie quasi beeinflusst. Wobei Holger manchmal nicht ganz unschuldig an seinem Verhalten war. Gut, Philipp war auch oft zu hartnäckig und wollte zu viel von ihm wissen. Sie waren beide schuld an den Tiefen, die sie gehabt haben.
Trotzallem hatten sie die Werte beibehalten, oder? Philipp wollte nicht, dass ihre Freundschaft auf einer Lüge basierte. Unwissend, dass sie das eigentlich tat. Irgendwie.


„Jetzt wollen wir Fragen stellen“, beschwerte sich ein vorlauter Junge und Philipp nickte lächelnd.


„Wer möchte anfangen?“


Viele Hände schnellten in die Höhe und der Kapitän glaubte gesehen zu haben, dass eines der Mädchen am schnellsten gewesen war.


„Du darfst zuerst.“


„Warum ist Holger dein Freund?“


Holger war so in seinen Gedanken vertieft, dass er erst wieder in die Runde blickte, als sein Name erwähnt wurde. Irritiert sah er eben jenes Kind an. Hatte das kleine Mädchen mit den braunen Korkenzieherlocken wirklich an Philipp die Frage gestellt, warum er, also Holger, sein Freund war? Sein Blick ging zu dem Älteren, dessen Mimik für Holger nicht interpretierbar war. Würde es ihm schwer fallen darauf zu antworten? Aber vor allem, was würde er darauf antworten?


Etwas verwirrt blinzelte Philipp kurz. Er starrte verwundert auf das Mädchen, ehe er lächelte. „Das ist eine gute Frage“, gab er zu und lachte leicht, kratzte sich verlegen am Kopf, ehe er kurz zu Holger herüber schielte, dabei lächelte. „Ich weiß gar nicht, ob man so eine Frage immer beantworten kann. Also konkret…“


„Was heißt kondet?“, warf ein Mädchen ein.


„Konkret heißt ganz genau. Also ich glaube nicht, dass man diese Frage ganz genau beantworten kann“, erklärte er ihr lächelnd, ehe sein Blick wieder zu Holger ging.


Holger versuchte sich nicht anmerken zu lassen wie nervös und unsicher er wegen dieser direkten Frage war. Zumal es so wirkte, als wüsste Philipp auf Anhieb nicht einmal eine Antwort darauf. Aus dem Augenwinkel beobachtete er dessen Bewegungen und seufzte stumm. Sollte er doch einfach sagen, dass er selber nicht wirklich wusste, warum sie eigentlich befreundet war. Holger kam aber nicht umher sich Gedanken zu machen. Er selber könnte die Frage sofort beantworten, weil er genau in Worte fassen konnte, was ihn an Philipp so faszinierte. Was ihn dazu brachte sich in ihn zu verlieben. Aber er könnte es nicht vor den Kindern offen preis geben. Und sicher nicht vor dem Kapitän. Dann flog der ganze Lügenzirkus auf, was Holger vermeiden wollte. Gerade verstanden sie sich doch auch so gut...

Froh darüber, dass er die Frage dann doch nicht beantworten musste, suchte er Philipps Blick und reagierte überrascht, als sich ihre Blicke sogar kurz trafen und der Ältere dabei lächelte. Ein weiteres Mal spürte er die Blicke auf sich und suchte nervös irgendein an der Wand hängendes Bild, an dem er sich feststarren konnte. Nur um in Versuchung zu kommen Philipp anzusehen und ihn zu umarmen. Dieses plötzlich Verlangen ihm nahe zu sein, verstärkte sich vor allem nach seinen Worten.


Diesmal lag Philipps länger auf dem Jüngeren. „Holger und ich kennen uns schon lange, haben dadurch viel Zeit miteinander verbracht und uns näher kennengelernt. Ihr wisst ja, dass Holger im Moment kein Fußballspielen kann und ich habe ihn die letzten Wochen auf seinem Weg begleitet. Also die Zeit nach der Diagnose. So etwas schweißt zusammen. Außerdem mag ich ihn auch als Mensch. Man kann mit ihm lachen und wir ärgern uns hin und wieder auch. Zum Beispiel ist er total gut an der Playstation und ich gar nicht.“


Einige Kinder kicherten.


„Aber Holger kann dir das doch beibringen“, überlegte ein Junge.


„Ja, das kann er sicher tun“, nickte Philipp und grinste kurz zu Holger. „Wenn er lieb ist, macht er das ja vielleicht auch.“


Als seine Künste auf der Playstation angesprochen wurden, lächelte auch Holger. Aber nicht selbstbewusst, eher schüchtern. Beinahe rutschte ihm raus, dass er mit Philipp auf jeden Fall üben musste, aber zum Glück kam die Frage eines kleines Mädchen dazwischen.


„Magst du ihn, weil er lieb ist?“, hakte das Mädchen wissbegierig nach.


„Ich mag ihn auch, wenn er mal nicht lieb ist“, antwortete Philipp direkt und dachte an all die Male, in denen der Innenverteidiger ihn zurückgestoßen hatte.


Philipps Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. Unweigerlich heftete sich sein Blick auf Philipp, nahm so auch sein Gemurmel wahr. Dass er fast neben ihm saß, machte es natürlich auch

leichter.


„Vielleicht sogar gerade dann, denn dann hat er es am nötigsten“, murmelte er kaum verständlich für die Kinder und lächelte leicht.


Wie Recht Philipp doch damit hatte, auch wenn es in Holgers Ohren für ihn einen armseligen Eindruck erweckte. Er musste ihm zustimmen, denn er hatte es wirklich am nötigsten, wenn er grantig und mies gelaunt war. Denn dann nervte ihn etwas gewaltig und das war meistens etwas, was ihn gleichermaßen auch sehr belastete, wodurch es zu diesen Launen und traurigen Mimiken kam.


„War Holger schon mal nicht lieb zu dir?“, ritt ein Junge weiter darauf rum.


Diese Frage brachte Holger dazu an die ganzen Situationen in Vail zu denken und seinen Blick betreten auf den Boden zu richten. Wie er Philipp das Leben dort schon fast zur Hölle machte durch seine Stimmungsschwankungen und sein Selbstmitleid, in dem er beinahe versunken wäre. Ähnlich wie die Anfangszeit in München. Es war gleichermaßen angenehm sowie unangenehm als er sich seinen Nervenzusammenbruch auf dem Fußballfeld in Erinnerung rief. Sich in Philipps Armen fallen zu lassen, war erleichternd und sogar ein kleines Glücksgefühl, weil er für ihn da war. Allerdings die ganzen Tränen, die er aus Verzweiflung vergossen hatte, blieben eine nicht ganz so schöne Erinnerung.


Die Frage überraschte Philipp. Er musste einen Moment nachdenken, wenn er ehrlich war. Zum einen, ob man die Situationen als „nicht lieb“ definieren konnte und ob er es den Kindern sagen konnte. Er entschied sich, dass man beides verneinen konnte.
„Nein“, er schüttelte den Kopf, wollte noch etwas sagen, aber als er sich die Erklärung in seinem Kopf anhörte, merkte er, dass es nicht der Wahrheit ersprach und entschied sich anders. „Also schon… aber wisst ihr…“, er beugte sich nach vorne, lehnte die Unterarme auf seine Oberschenkel und sah in die Runde.


Nicht damit rechnend, dass Philipp sich noch besonders ausführlich zu dem Thema äußern würde, wirkte der Innenverteidiger regelrecht überrascht, als dieser doch noch auszuholen schien.

Wahrscheinlich hörte er gespannter zu als die ganzen Kinder zusammen.


„Ihr kennt das doch sicher. Freunde streiten sich auch schon mal. Vielleicht ist der eine schlecht drauf oder gereizt und geht dann bei der kleinsten Kleinigkeit in die Luft. Das ist bei uns auch passiert.“


Der Blonde hätte beinahe aufgelacht. Wie oft war das passiert? Unzählige Male. Es geschah ja jetzt auch noch, wenn Philipp ihn bedrängte und Holger es in den falschen Hals bekam. Aber oft war es auch einfach sein Abwehrmechanismus, der sich zwischen ihn und den Kapitän drängte.


„Aber in solchen Momenten kommt es dann darauf an, dass man diesen Fehler einsieht und sich entschuldigt. Wir alle mache Fehler, verhalten uns auch schon mal unfair dem anderen gegenüber, verletzen Menschen vielleicht mit unserem Tun. Aber dann müssen wir dazu stehen und sagen, dass es uns leid tut. Da war Holger dann wieder lieb und der Streit war vergessen.“


Auf Holgers Gesicht bildete sich ein Grinsen. Es kam ihm so vor, als redete sie gerade von einem kleinen Kind, das ab und zu seine bockige Phase durchlebte.


Philipp drehte den Kopf, um den Jüngeren anzusehen. „Eine Freundschaft hat manchmal ihre Höhen und Tiefen. Aber wenn man sich mag, dann übersteht man das auch.“

Holger drehte seinen Kopf ebenfalls zu Philipp, erwiderte leicht lächelnd seinen Blick und nickte bestätigend. Dabei zwinkerte er ihm einmal kurz zu.

Er war erstaunt, wie Philipp genau die richtigen Worte ohne lügen zu müssen an die Kinder richtete. Der Blonde beneidete den Älteren sogar ein wenig darum sogar in Interviews souverän zu wirken. Ohne Stottern oder Stammeln. Holger war das bislang nicht gelungen, vor allem wenn man sich das Interview zurück ins Gedächtnis rief, wie er auf dem Rathausbalkon stand und vor sich hin nuschelte. Was war das nur für ein verhexter Tag?


Es tat gut, dass Holger seinen Blick erwiderte, sogar lächelte und nickte. Das Zwinkern ließ ihn sogar schmunzeln. Der Innenverteidiger nahm es ihm also nicht krumm, dass er so offen war. Aber was sollte er auch dagegen sagen? Beschweren konnte er sich nicht, immerhin war er selbst schuld an seinem Verhalten. Doch Philipp nahm es ihm wirklich nicht mehr krumm. Er war einfach nur froh, dass sie beide drüber lächeln konnten inzwischen.


Philipp wandte sich wieder den Kindern zu. „Versteht ihr, was ich meine?“


„Marie hat mir mal meine Barbie geklaut, aber sich dann wieder entschuldigt und sie mit wieder gegeben“, warf ein Mädchen ein. „Ist das auch so was?“


„Ja, das ist auch so was“, nickte der Kapitän. Was hätte er ihnen jetzt von der rosaroten Welt erzählen, in der alles toll war? Kein Streit und keine Menschen, die sich verletzten? Das wäre eine Lüge gewesen. Und anlügen wollte er die Kinder nicht.


Die Kinder gaben dem Innenverteidiger keine Zeit sich weiter über Philipps Aussagen den Kopf zu zerbrechen, denn die nächste Frage kam von einem kleinen Mädchen, das anscheinend Interesse an dem derzeitigen Beziehungsstand der Fußballer hatte.


„Habt ihr eine Freundin?“, fragte sie mit kindlicher Naivität.


Während Philipp nur nickte, richteten sich alle Augen auf Holger. „Nein, im Moment nicht“, verneinte er schließlich. Zu seiner Überraschung fiel es ihm nicht einmal schwer darauf zu antworten.


„Warum denn nicht?“


Da wären ihm Fragen zu seiner Verletzung jetzt im direkten Vergleich irgendwie sogar lieber, als über seine unerfüllte Liebe zu Philipp debattieren. Aber antworten musste er den Kindern und vor Philipp wollte sich der Blonde auch nicht mit unprofessionellen Verhalten blamieren.
„Ich scheine die richtige einfach noch nicht gefunden haben, was natürlich schade ist... aber ja, man kann es leider nicht ändern.“ Holger versuchte sich an einem Lächeln, was ein weiteres Mädchen dazu animierte eine Frage zu diesem Thema zu stellen.


„Wie muss denn dann eigentlich deine Freundin sein?“


Philipp war erstaunt über das plötzlich Interesse der Kinder an Holgers zukünftiger Freundin. Gerne hätte er es ihm erspart. Vor allem weil das doch ihr letztes Streitthema gewesen war, oder nicht? Es war auf jeden Fall eines von vielen.
Aber der Kapitän konnte auch nicht leugnen, dass er nicht gespannt war, was Holger antworten würde. Wie beschrieb er ihnen Sarah? Immerhin war das doch gerade seine Traumfrau… angeblich. Stumm seufzend richtete er den Blick zu Boden und studierte seine Füße, während er wie die Kinder auf die Antwort wartete.


Noch bevor sich der Blonde dazu äußern konnte, warf ein Junge etwas ein: „Muss deine Freundin dann genauso sein wie du?“


Holgers Lächeln wurde sanft, schüttelte dazu aber verneinend den Kopf. „Nein, das würde nicht gut gehen, wenn meine Freundin die selben Eigenschaften besitzt, wie ich sie habe.“ Schmunzelnd lehnte er sich etwas nach vorne und überlegte, was er darauf antworten konnte. Wiederholte mit leisen Worten die Frage des Mädchens. Er lenkte seinen Blick zu Philipp. Dieser schien ihn gerade nicht anzusehen, was ihm auch lieber war. Schlagartig flatterte ihm die Antwort zu, wie sein Traumpartner sein musste, dieser saß doch so nah bei ihm und glänzte fast tagtäglich mit diesen Eigenschaften. „Natürlich muss mein Traumpartner gut mit mir zurecht kommen, das ist klar“, fing er an. „Verständnis dafür, dass der Fußball mein Leben ist, muss er selbstverständlich auch mitbringen.“ Geschockt stellte er fest, dass er tatsächlich von ''er'' gesprochen hatte. Gut, es hieß ja auch ''der Traumpartner'', aber war das nicht jetzt schon zu auffällig? Nein, nicht wenn er jetzt kein Drama daraus machte und normal fortfuhr.


Anfangs hatte Philipp genickt. Das mit dem Fußball konnte er nur so bestätigen, aber die anderen Eigenschaften ließen ihn aufhorchen. Er hob den Blick und wandte ihn zu Holger. Wieso verband er gerade nicht Sarah mit diesen Worten? Das passte nicht. So gut konnten sie sich gar nicht kennen.


„S-sie sollte die Gabe haben mich aufzuheitern, mich mit ihrer positiven Ausstrahlung mitreißen können und ein optimistischer Mensch sein mit einer gesunden Portion Selbstbewusstsein, damit sie mir auch mal ordentlich die Meinung geigen kann.“ Gelächter bei den Kindern, aber für Holger ein ernster Fakt, den Philipp mitbrachte. Wieder suchte sein Blick den Kapitän und blickte ihn beinahe zärtlich an. „Es ist mir wichtig, dass sie für mich da ist, wenn es mir schlecht geht. Tag und Nacht. Dass sie mir das Gefühl gibt, dass es gerade nichts wichtigeres gibt als mich.“


Philipp drehte den Kopf, konnte nicht anders und war überrascht, dass Holger ihn ansah. Sein Blick war weich, aber darauf kam es gar nicht unbedingt an. Es ging um die Worte. Wieso… wieso sah Philipp nicht Sarah, sondern sich selbst darin?


Als Holger merkte, dass ihn zwei warme braune Augen entgegen sahen, wandte er den Blick schnell wieder den Kindern zu, versuchte seine Unsicherheit mit einem leichten Lachen zu überspielen.


Plötzlich drehte der Innenverteidiger den Kopf, war es ihm peinlich? Philipps Herz schlug plötzlich schneller. Was war das? Was sollte das? Warum sprach Holger hier nicht von Sarah? Sagte, sie sollte hübsch sein, ein ehrliches Lachen haben, mit beiden Beinen im Leben stehen… was auch immer… aber… warum sprach er von ihm? Philipp hatte da keine Zweifel dran. Aber plötzlich waren sie wieder präsent. Seine Gedanken, die Idee, dass Holger mehr von ihm wollte. Dass der Kuss kein Versehen war, dass die Nähe, die er brauchte nicht nur von der Verletzung herkam, dass Holger ihn wirklich angelogen hatte wegen Sarah und er wohl auch Bastian nicht sagen konnte, dass er schwul war.

So vollkommen überrascht, wie er war, weil ihn diese Erkenntnis getroffen hatte, sah er Holger wohl auch an. Ihm fehlten die Worte. Was sollte er dazu sagen? Er wusste es zwar nicht zu 100 %, aber langsam konnte Holger sagen, was er wollte, Philipp würde es ihm nicht mehr glauben.


„Gemeinsam Spaß zu haben, ist natürlich auch sehr wichtig.“ Holger lehnte sich wieder zurück und nickte, wobei er bemerkte, dass die Blicke der Kinder ganz fasziniert auf ihn lagen. Aber die Kinder waren nicht die einzigen, von denen er angesehen wurde.


Philipp sagte nichts, sah Holger einfach nur an. Konnte mit diesem Wissen nicht umgehen. Es verwirrte ihn. Er dachte an noch so vieles mehr. Die Gedanken ihn zu küssen, der Moment auf Hawaii als er beim Sex mit Claudia an Holger denken musste… was lief hier schief? Was war hier los?




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