Kapitel 141 - Nach dem Kuss ist vor dem Kuss



 

Jetzt hör doch auf“, bat Philipp. „Ja, ich hätte es auch gerne anders gehabt, aber es ist nicht schlimm, dass es jetzt anders gelaufen ist, denn so war es auch total schön. Außerdem war das sicher schonender für dich. Wie ist das denn? Spürst du eigentlich Schmerzen?“

Nach der Frage beugte Philipp sich aber erst mal aus dem Bett und griff nach dem Handtuch. Philipp war einfach mal so frei und entfernte sich damit die Körperflüssigkeiten vom Körper. Man konnte es ja waschen.


Holger seufzte geschlagen. Es war das eine, dass Philipp ihn bat aufzuhören, das andere aber, dass er es auch gerne anders gehabt hätte. Er hatte sich etwas von Philipp gelöst, als dieser sich nach dem Handtuch bückte und seinen Körper von den Resten befreite.
Es war ein totaler Konflikt. Einerseits wollte er sich wirklich darüber freuen, dass Philipp es dennoch toll fand, anderseits machte er sich aber auch fertig, weil es im Grunde ja eine Panne war. Wenn man es so nennen wollte. „Es ist ein bisschen komisch“, gab er murmelnd zu, verschwieg aber, dass es ein bisschen zwickte. Da das nicht gleichbedeutend mit Schmerzen war und er glaubte, dass das morgen sowieso nachließ, fand er nicht, dass er es erwähnen musste.


Ich bin froh“, erklärte Philipp ihm. Er hätte es sich wohl nicht verziehen, wenn Holger Schmerzen gehabt hätte. Wobei er immer noch der Meinung war, dass er sicher welche gehabt hätte, wenn sie einfach weiter gemacht hätten. Oder eher, wenn er weiter gemacht hätte. Nein, das hatte er nicht gekonnt, das wäre zu komisch gewesen.

Er suchte Holgers Blick und strich ihm durch seine weichen Haare. Sie waren leicht verschwitzt.


Stumm beobachtete der Innenverteidiger ihn und blickte erst nach der Berührung wieder direkt in Philipps Gesicht. Ihre Blicke, die voller Liebe waren, trafen sich. Das spürte Holger.


Schieb deine Bedenken zur Seite, ja? Und komm her, kuscheln.“ Jetzt schmunzelte Philipp etwas. Das war hoffentlich auch in Holgers Interesse.


Philipp wischte mit nur einem Blick, einem Lächeln, das ihm so viel mehr gab, als es jemand für möglich halten konnte, alle Zweifel von ihm. Holger nickte, richtete seinen Körper auf, um die Decke über ihre unbekleideten Körper zu ziehen. „So ist es gleich gemütlicher“, schmunzelte er. Ein Stück über die Hüfte hatte er die Bettdecke gelegt und sich zur Seite gedreht, dem Kapitän direkt zu gewandt. Holger wurde immer noch mit so viel Zufriedenheit und Glücksgefühlen überschüttet, wenn er an die vorherigen Momente dachte. Vor Trentino wollte er ihm noch auf ewig aus dem Weg gehen und jetzt lagen sie hier im Bett. Wunder geschahen immer wieder und Träume erfüllten sich auch. Man musste nur lange genug an sie glauben. Sanft streichelte er über Philipps Wange, folgte dann den Weg, den Philipps eigene Hand immer bei Interviews nahm. Holger mochte diese Angewohnheit.


Sanft lächelte Philipp, als Holger über seine Wange strich. Es war ihm immer noch unvorstellbar, wie zärtlich der Jüngere sein konnte. Er machte nie den Eindruck beim Training oder im Spiel. Er hatte wirklich eine harte Schale und einen weichen Kern. Eigentlich könnte sich jede Frau über ihn glücklich schätzen, aber anscheinend hatte ja keine gewollt und jetzt kam er in den Genuss.
Holgers Hand wanderte weiter. Philipp merkte nicht, was genau er da tat, zumindest interpretierte er da nichts rein. Er rutschte auch einfach ein Stück näher, legte seine Hand zwischen Wange und Hals ab und küsste ihn. Ganz sanft fing er immer wieder diese sündigen Lippen ein. Der Kuss war wundervoll, wenn man Philipp fragte.


Die Stille, die Berührungen und die Küsse waren Romantik pur. Holger genoss dies sichtlich, hatte seine Augen geschlossen, während er Philipp leidenschaftlich küsste. Ihre Lippen benahmen sich so, als wären sie zwei Magnete, die immer voneinander angezogen wurden und nicht davon ablassen konnten sich zu beruhigen.


Als er sich löste, suchte Philipp wieder den Blick in Holgers Augen. „Übrigens“, ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen, „du hast doch heimlich geübt, oder? Das eben war echt unglaublich.“


Das Grinsen auf Philipps Gesicht ließ Holger abermals verlegen erröten. „Mit wem soll ich denn geübt haben?“, schmunzelte er. Ob der Ältere ihm nur das Kompliment machte gut gewesen zu sein, weil er wusste, dass er noch ein klein wenig zweifelte, da es nicht ganz so ablief, wie geplant? Oder fand er das wirklich? Eigentlich sprach der Höhepunkt für sich. Holger hätte bemerkt, wenn es gespielt gewesen wäre. Im Normalfall hätte er auch jetzt den Zeitpunkt genutzt und angesprochen, wie toll er es fand, aber war sich Philipp nicht selbst seiner Qualitäten im Bett bewusst, so früh wie Holger gekommen war? Es war einfach unglaublich, wie zielgenau er immer wieder diesen Punkt traf. Holger wollte nicht daran denken, dass er ja genug Übung bekam mit seiner Ehefrau. Das war zwar etwas anders, aber dennoch lief es auf die gleichen Sachen hinaus.


Na gut, das war ein Argument. Mit wem hätte er auch üben sollen? Trotzdem hätte Philipp das nie so erwartet. Immerhin war das hier mehr oder weniger ihr erstes Mal. Zwar mit einem Mann, aber… es war halt das erste Mal. Ein komischer Gedanke. Komisch, aber nicht schlecht. Vielmehr war er total schön.


Es gab etwas, was Holger ihm sagen musste, obwohl Philipp auch das klar sein müsste. Vorsichtig löste er seine Hand von dem Älteren und legte sie auf Philipps, die er zwischen Hals und Wange abgelegt hatte. Zart schob er sie von sich, verschränkte ihre Finger und lenkte Philipps Handrücken an seine Brust, ehe er erneut die Distanz zwischen ihnen überbrückte. Freudig, aufgeregt und rundum zufrieden schlug sein Herz in der muskulösen Brust. Er war sich absolut sicher, dass Philipp es spüren konnte.


Philipp lächelte, als Holger so sanft mit ihm umging. Er ließ alles mit sich geschehen und drückte sanft die Hand als ihre Finger verschränkt wurden. Das Lächeln wurde breiter, als er den Herzschlag spürte. Unruhig klopfte es in Holgers Brust.


Ich... ich liebe dich“, flüsterte Holger gegen seine Lippen. Nicht unbedingt einfacher, als das letzte mal, als er ihm das mitgeteilt hatte, aber jetzt konnte er sich sicher sein, dass er den Kapitän nicht überforderte. Schließlich hatte der sich doch auch in ihn verliebt. Ob er die Worte erwidern konnte?


Glücklich sah Philipp in Holgers blaue Meere just in dem Moment als dieser ihm seine Liebe gestand. Zum zweiten Mal. Jetzt war es Philipps Herz, welches direkt schneller schlug. Er spürte die Wärme, die sich in seinem Körper ausbreitete. Er konnte es nicht beschreiben. Es war einfach zu schön. Es war so verdammt unbeschreiblich schön. Wobei… nein. Das war nicht richtig. Es gab dafür eine Beschreibung.


Holger vermochte nicht zu sagen, ob gerade Minuten oder doch nur Sekunden vergingen, in denen er auf eine Erwiderung wartete. Ob er wieder von bloßem Lieb haben sprechen würde? Konnte man das noch so ausdrücken, wenn man schon offen zugegeben hatte, sich in den anderen verliebt zu haben?


Hauchzart berührte Philipp Holgers Lippen, ehe er wieder in seine Augen sah. Er starrte sich regelrecht fest, als das Lächeln auf seinen Lippen stärker wurde. Er war sich absolut sicher. Wie auch immer das auch passiert war… aber es war egal. Es ging nur darum, dass es so war.


Stumm seufzte Holger bei dem sanften, leichten Kuss, glaubte, dass das seine Erwiderung war, doch es war nicht alles. Der intensive Blick in die Augen ließ ihn das wissen, dass der Kuss nicht alles war. Es folgte ein Lächeln. Holger nahm alles wahr, er war wie fixiert auf den Kapitän. Wahrscheinlich würde ihm nicht mal das kurze Zucken eines seiner Augenlider entgehen.


„Ich liebe dich auch, Holger“, hauchte Philipp sanft.


Das, was der Jüngere sich so sehr gewünscht hat, sich so herbei gesehnt hatte, entsprach endlich der Wirklichkeit. Philipp hatte ihm offenbart, dass er ihn auch liebte. Er erwiderte seine Liebe. Holger wagte es nicht den Blickkontakt abreißen zu lassen, während seine Mundwinkel leicht nach oben wanderten, sodass ein glückliches Lächeln sein Gesicht zierte. Für ihn gab es die Frage nicht mehr, wie es sein konnte, dass er sich so in den kleinen Kapitän verguckt hatte. Es war gut so, denn dieses Gefühl in seinem Körper, wenn tausend Schmetterlinge voller Freude tanzten, weil sie erst in einem Käfig eingesperrt waren, würde er für nichts in der Welt eintauschen. Seinen Philipp würde er gegen nichts tauschen.
Fest drückte er seine Hand und zwang Philipp gleichzeitig mit der selben Intensität seine Lippen auf.

Eigentlich wollte Holger gar nicht erst einschlafen, da dieser Moment sonst vorbei wäre. Dafür war er zu kostbar. Aber zeigte nicht genau dieser Wunsch nicht einzuschlafen, auch seine Angst, dass er morgen erwachen könnte und Philipp weg sein würde? Dass es nur diese eine Nacht war und er sich dem bewusst wurde, dass das nicht ging. Trotz seines Liebesgeständnisses. Der Kapitän hatte eine Familie, eine perfekt geglaubte, kleine, idyllische Familie, die sich jeder nur wünschen konnte. Holger brachte dieses ganze Konstrukt in große Gefahr.


Der Kapitän seufzte in den Kuss. Er spürte, dass es Holgers Antwort auf seine Worte war. Und es fühlte sich verdammt noch mal richtig an. Es sollte falsch sein. Er sollte Holger nicht lieben, immerhin war er verheiratet und liebte eigentlich seine Frau, aber das war in diesem Moment so was von scheißegal. Es ging bloß um Holger, der sein Herz erobert hatte.

Philipp erwiderte den Druck ihrer Hände und löste sanft den Kuss. Lächelnd sah er in Holgers blaue Meere.


Holgers Blick war starr auf Philipps Augen gerichtet. Sie waren so unglaublich dunkel und tief durch die Dunkelheit geworden, die dieses Zimmer verschleierte. Trotzdem war dieser warmherzige Glanz in ihnen nicht verschwunden.


Das fühlt sich gut an“, wisperte Philipp. Wobei „gut“ noch untertrieben war. Es war einfach wunderschön. Der Moment war regelrecht perfekt. Der Abend war perfekt und ihre kleinen Pannen verliehen ihm den Charme, den er verdient hatte. Angefangen damit, dass Philipp die Überraschung viel zu früh offenbaren musste. Aber jetzt so im Nachhinein war es einfach perfekt.


Der Druck an seinen Händen verstärkte sich, was Holger endlich zum Reagieren brachte. Er hatte eben noch daran gedacht, wie es war wieder allein zu sein. Wenn sich die Zeit kurz vor Trentino wiederholen würde. Das schaffte er nicht. Nicht jetzt, wo sich alles doch noch zum Guten gewendet hatte.


Anders als Holger dachte Philipp nicht daran, dass er wieder gehen würde, daran, dass das hier nicht ihr normaler Tagesablauf war. Daran, dass er Zuhause eine Familie hatte. Der Moment war einfach zu schön, um ihn jetzt durch diese schlechten Gedanken kaputt zu machen. Die Realität würde sie früh genug wieder einholen, dass wussten sie tief in ihrem Inneren beide. Genau deswegen mussten sie jetzt diesen Moment genießen.
Und doch wusste Philipp tief in sich auch, dass er Holger weh tun würde. Er würde sein Herz zerreißen und darauf herum trampeln – ob er wollte oder nicht. Er wusste nicht mal, ob er wollte. Er wollte Holger, aber er wollte irgendwie auch seine Familie. Beides ging nicht, würde nie gehen und irgendwie wusste er auch, wofür er sich im Zweifel entscheiden würde, wofür er sich längst hätte entscheiden müssen. Denn mit dieser Nacht, mit diesen Worten, machte er es ihnen beiden nur unnötig schwer.


Der Blick wanderte auf ihre Hände, ehe Holger Philipps Blick suchte. „Phil...“ Dann versagte das Hauchen wegen des Lächeln auf den Lippen des Älteren. „Ich bin glücklich“, änderte er sein Vorhaben jetzt über anderes zu reden. Es war besser so. Es war keine Zeit für schlechte Gedanken. Nicht jetzt, wo er doch eigentlich so schrecklich glücklich sein müsste. Das war er auch. Sogar so glücklich, dass es ihm Angst machte, umso tiefer zu fallen. Da er wusste, dass er Philipp komplett verfallen war, war Holger klar geworden, wie angreifbar er sich ihm gegenüber gemacht hatte. Jede erdenkliche Art von Abweisung würde ihn treffen.
Abweisung... er dachte an die ganzen Momente in Vail. Wie konnte er nur so dumm sein und Philipps Hand immer wieder abweisen? Jetzt war sie ihm die größte Stütze.


Philipp lächelte über Holgers Worte, ahnte nicht mal im Entfernten, dass er das gar nicht hatte sagen wollen. „Ich bin froh, dass du das sagen kannst“, hauchte er, strich mit einer Hand über seine weichen Lippen. „Ich bin es aber auch. Der Moment ist toll… ich will gar nicht schlafen.“ Wollte er wirklich nicht. Er wollte es genießen hier bei Holger zu liegen, seine Hand zu halten, seinen Atem zu spüren und dumpf den Herzschlag zu hören. Aber es ging nicht. Irgendwann mussten sie schlafen. Philipp war auch müde. Er versuchte sein Gähnen aber zu unterdrücken.


Wie könnte er das auch gerade nicht sagen? Der Moment war für ihn perfekt und Holger wünschte sich, er würde niemals wieder enden. Aber das würde er. Das würde er viel zu schnell. Diese Erkenntnis schmerzte, aber seine Glücksgefühle drängten dieses Empfinden so gut es ging zurück. Dafür durfte jetzt kein Platz sein.
Er liebte es, wenn ihre Lippen aufeinander trafen, aber er mochte es beinahe genauso, wenn seine Finger mit seinem Mund in Berührung kamen. Diese Berührung war von Vorsicht geprägt. Von Rücksicht und Sanftheit. Es bereitete Holger ein wundervolles Gefühl so geschätzt und so geliebt zu werden, wie Philipp es gerade tat.
Wahrscheinlich wollte er das Gähnen unterdrücken, aber es gelang ihm nicht. Gütig lächelte Holger. Er wollte ebenso wenig schlafen wie Philipp, aber zwanghaft wach bleiben, war auch nicht das Wahre.
„Ich würde auch lieber wachbleiben und genießen, aber...“ Holger seufzte. „Das geht ja leider nicht.“ Gäbe es die Möglichkeit die Zeit zu stoppen, würde er es ohne zu zögern tun. Ihm lag auf der Zunge, dass das nicht das letzte Mal wäre und sie es wiederholen könnten, aber hatte er das Recht dazu das einzufordern? Jetzt da er ihm auch seine Liebe gestanden hatte? Selbst, wenn er das Recht dazu hätte, würde er daran scheitern. Philipp würde ihm sagen, dass er wusste, worauf er sich einließ. Dass es ihm klar sein musste, dass er eine Familie hatte und sie nicht verlassen konnte.

Um diese schlechten Gedanken weiter beiseite zu schieben, kam Holger seinem Gesicht näher und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss. Philipps Lippen waren magisch. Sie waren dazu im Stande ihm jeden Zweifel einfach wegzuküssen.


Philipp schmunzelte. Holger klang beinahe wie ein kleiner Junge, als er das sagte und dann noch seufzte. Aber Recht hatte er ja leider nun mal. Er kam nicht dazu, ihm das zu sagen, denn da küsste Holger ihn schon. Und der Kuss hatte es in sich. Philipp verstand ihn als einen Gute-Nacht-Kuss, als den letzten für den Abend. Aber es würde nicht der letzte für immer sein, das wusste er. Wie genau es weiter gehen würde in Zukunft, wusste er zwar nicht, aber das würde die Zeit ihnen ja zeigen.
Sanft lösten sie sich und Philipp lächelte Holger an, strich sanft über seine Wange. „Wer ist heute Kissen für den anderen? Du oder ich?“, flüsterte er. Natürlich konnten sie auch einfach nebeneinander schlafen, aber so halb aufeinander gekuschelt war es einfach schöner. Den Arm um den anderen gelegt und die warme Haut, die sich berührte. Ja, das war schön und irgendwie gehörte er zu dem Ende dieses wundervollen Abends.


Gerecht wäre wohl, wenn ich das Kissen bin. In Trentino warst du es ständig“, erinnerte Holger sich schmunzelnd. Aber das hatte sich so ergeben, weil er meistens zuerst einschlief, während sie sich im Arm hielten. Da stand es also gar nicht zur Debatte, dass auch Holger mal das Kissen sein könnte.
Philipp hatte sich auch nie beschwert.
Es war aber nebensächlich, denn ihre Haut würde bei beiden Varianten aufeinander treffen und sich gegenseitig Wärme und Zuneigung spenden. Allerdings war etwas neu. Zum ersten Mal schliefen sie komplett nackt miteinander und aufeinander ein. Sonst trugen sie wenigstens noch ihre Shorts, jetzt aber war da gar nichts mehr außer ihre splitterfasernackte Haut. Sogar so etwas war für Holger in Verbindung mit Philipp aufregend geworden.

Er genoss es, wie der Kapitän seine Wange streichelte, während er sich ein Stück weit drehte, damit er fast ganz auf dem Rücken lag. Leicht rutschte er etwas höher, um seinen Kopf gemütlich auf das Kissen zu betten, ehe er seine Arme nach Philipp ausstreckte. So sehr er sich auch auf das kuscheln freute, umso trauriger war es, dass sie bestimmt bald einschlafen würden und der tolle Abend so ein Ende finden würde.


Ja und? Es gibt schlimmeres als dein Kissen zu sein“, gab Philipp schmunzelnd zurück. Es gab wirklich schlimmeres. Eigentlich gab es sogar fast nichts Besseres. Außer jetzt im Moment. Philipp lächelte und rutschte näher. Dann legte er seinen Kopf auf Holgers Brust und schlang den Arm um ihn. Ein Bein legte er über Holgers. Eigentlich keine besondere Tat, aber da sie nackt waren, fühlte es sich ungewohnt an.

Holger lächelte, grinste schon fast, bis ihm eine Antwort dazu einfiel, die er lieber für sich behielt. Es war sicher viel schlimmer sein Fußabtreter zu sein als sein Kissen. Denn als Kissen wurde man nicht abgewiesen, sondern gab einem das Gefühl gebraucht zu werden. Philipp war ja sowas wie seine Unterlage, die das Loch, in das er zu fallen drohte, verschloss.
Es war eigentlich kaum etwas anders, aber trotzdem fühlte Holger das alles viel intensiver, dass Philipp komplett nackt war.


Geht das so?“, fragte Philipp. Nicht, dass es Holger unangenehm sein würde, das wollte er nun wirklich nicht.


„Ja... ja klar, warum nicht?“ Holger reckte den Kopf etwas und senkte den Blick, damit er Philipp ansehen konnte. Müsste er nicht eigentlich fragen, ob das morgen und übermorgen so gehen konnte? Da war er alleine, während der Ältere mit seiner Ehefrau im Bett lag. Womöglich auch in dieser Stellung. Es war grausam. Den Menschen, den man am meisten liebte, musste er mit einer weiteren Person teilen.
Holger schloss die Augen, atmete tief durch. Er wollte das jetzt genießen. Er wollte sich jeden noch so kleinen Augenblick einprägen, um sich immer wieder daran erinnern zu können. Sanft zog er die Bettdecke ein kleines Stück höher und streichelte dann in der selben Bewegung über Philipps Arm. Die Haut war weich und warm, richtig angenehm zum zärtlichen darüber streicheln.


Vielleicht ist dir das unangenehm“, flüsterte Philipp, schaute nicht auf und kuschelte sich dichter an Holger. „Aber ich mag es so“, gab er zu. „Und ich mag es, wenn du so über meinen Arm streichst.“ Die Augen schlossen sich und er seufzte zufrieden auf. Diese zärtliche Berührung war wirklich toll. Er mochte diese weiche Seite eh total an Holger.

Ist es nicht“, widersprach er sofort. Wie denn auch? „Es ist toll, wenn du dich so ankuschelst“, gab er zu, was dieser auch als Aufforderung ansah noch näher zu rücken. Ob er von selber immer wieder darüber gestrichen hätte, wusste er nicht, aber da Philipp es mochte, würde er wohl, bis er einschlief, nicht damit aufhören so sanft über seinen Arm zu streichen.


Sanft malte Philipp Muster auf Holgers Brust, lächelte dabei. Er wollte wirklich nicht schlafen. Der Abend, nein diese Nacht sollte nie enden.


Holgers Blick huschte nach unten. Er erkannte nur den dunklen Haarschopf Philipps und seine Hand. Einen Finger spürte er direkt auf seiner Haut. Es waren Muster. Welche, wusste Holger nicht, aber er glaubte zu spüren, dass da auch ein Herz dabei war.


Das war ein toller Abend.“ Bei diesen Worten legte sich sogar ein leichter Rotschimmer auf Philipps Wangen. Gut, dass Holger das nicht sehen konnte. Ihm musste nichts peinlich sein, das wusste er und doch war es das irgendwie. Sie hatten heute gemeinsam einen großen Schritt gewagt. Ob es wohl das erste und letzte Mal sein würde? Er glaubte nicht. Doch wie sollte er das arrangieren? Aus welchen Gründen sollte er das nächste Mal bei Holger schlafen? Es war doch eine beschissene Situation, in der er sich da befand.


Stumm nickte Holger. Wie Recht Philipp doch hatte. Obwohl... „Der Abend war phänomenal“, offenbarte er. Er würde ihm nicht sagen, dass er sich trotz Schmerzen noch nie so wohl bei jemanden gefühlt hatte, aber Philipp würde schon verstehen, was er mit dem Lob auch aussagen wollte. Es war wirklich wundervoll.


Philipp lächelte nur. Er fand es auch toll zu kuscheln. Vor allem mit Holger und dann noch, wenn er so unendlich sanft zu ihm war. Das war einfach unbeschreiblich toll.

Ich hoffe nur, dass du auch morgen keine Schmerzen hast. Sonst musst du es sagen, ja?“ Seine Stimme war eindringlich und er hoffte, dass Holger sich daran halten würde. Er wollte wissen, wenn was nicht gut war, damit er ihm was gutes tun konnte dann. Vielleicht half Salbe? Oder ein Tee? Eine Massage… also allgemein jetzt, nicht unbedingt an seinem Hintern.


Holger merkte schon, dass Philipp es ernst meinte und er wirklich zu ihm kommen sollte. Aber im Prinzip konnte er auch nichts daran ändern, damit die Schmerzen vergehen würden. Sowas musste man eben aushalten. Aber es war in Ordnung. Holger musste nur an die Nacht zurückdenken und er würde die Schmerzen konsequent ignorieren. Oder ihnen zumindest wenig, bis gar keine Beachtung schenken.
„So schlimm wird das nicht werden“, schüttelte er leicht den Kopf. „Und wenn, waren es die Schmerzen allemal wert.“ Obwohl ihm der Gedanke kam, dass er eigentlich herum jammern sollte. Dann würde Philipp bestimmt bei ihm sein und nicht bei Claudia. Aber... nein, das konnte er nicht tun. Es war nicht fair dem Kapitän gegenüber. Und er hatte es noch nie gemocht, wenn er nur aus Mitleid bei ihm war.


Es ehrte ihn irgendwie, dass Holger so dachte. Vermutlich waren Schmerzen so oder so nicht zu verhindern, deswegen war er froh, dass Holger sie gerne ertragen hatte. Es machte das alles irgendwie etwas leichter. Diese Aussage nahm ihm die Sorgen, die er unbewusst gehabt hatte.


Holger hob den Kopf an und drückte Philipp einen Kuss auf seine weichen Haare. „Ich liebe dich“, hauchte er tonlos und sank mit einem Lächeln wieder zurück auf das Kissen.


Wieder wurde Philipp leicht rot und war froh, dass er Holger nicht ansah gerade.
Just in diesem Moment bewegte er sich aber und kurz schlug Philipps Herz schneller. Als er den Kuss fühlte und hörte, wie er sich wieder hinlegte, beruhigte es sich. Lächelnd drehte er den Kopf zu dem Jüngeren. Die Worte hatte er nicht gehört. Wie denn auch? Sonst hätte er sie erwidert. So lächelte er ihn einfach nur verliebt an. So würde er doch nie einen Weg finden zu schlafen.


Als Philipp den Kopf drehte, konnte er ihm wieder ins Gesicht sehen. Er erwiderte das Lächeln und wieder verfingen sie sich in diesem tiefen Blickaustausch, der sie fesselte und sie nicht im Stande waren sich zu lösen. Holger liebte es, wenn Philipp ihn so verliebt ansah. Er konnte es auch direkt am Glanz der dunklen Augen und an diesem Lächeln erkennen.


An Sorgen dachte Philipp aber auch gar nicht mehr, als Holger ihn so in seinen Bann zog. Er konnte den Blickkontakt nicht lösen. Er wollte auch nicht. Er liebte es, ihn anzusehen. Und es schmerzte zu wissen, dass er es morgen nicht tun konnte.
Aber er konnte gerade etwas anderes tun. Etwas, was Holgers Herz mit Wärme füllen würde, dessen war er sich sicher.
„Holger?“ Egal, wie gemütlich es war, er stemmte sich noch einmal hoch und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen.


Selbst als Philipp sich mit beiden Armen hochstemmte, verfolgte Holger seine Augen mit seinen Blick, war regelrecht eingenommen von diesen wegen der Dunkelheit schwarzfarbend wirkenden Diamanten und dem unvergleichlichen Duft, die Philipps Haut verströmte.


Ich liebe dich.“ Lächelnd folgte ein weiterer Kuss, ehe er sich wieder auf seine Brust legte.


Die Worte zauberten ein seliges Lächeln auf seine Lippen und sein Herz demonstrierte diese Freude, in dem es ganz schnell und fest zu klopfen begann. Auch, wenn es das zweite Mal war, dass er die drei magischen und unendlichen kostbaren Worte aussprach, war es etwas ganz besonderes,  dass es diesesmal zuerst von ihm kam und er es war, der das kleine Wörtchen 'auch' anhängen durfte. Aber erst wollte er ihn küssen. Nicht einfach nur so, nein, er wollte ihm auch mit seinen Küssen seine Gefühle, seine Erwiderung zeigen.
„Ich liebe dich auch.“

Ein tolles Gefühl. Holger lächelte vor sich hin, während es sich Philipp wieder bequem machte. Automatisch streichelte er wieder über seinen Arm.


„Wir sollten langsam echt schlafen.“ Es wurde später und später und seine Lider wurden auch schwerer, wenn er ehrlich war.


Philipp hatte leicht reden. Wie sollte er bei soviel Glück und seinem vor Freude und Zufriedenheit schlagenden Herz denn jetzt schlafen?
Vielleicht sollte er einfach daran denken, dass er morgen, übermorgen und womöglich noch länger alleine schlafen musste. Dann wäre alles Glück schnell wieder weg.


Der Moment war toll. Wie sie sich küssten, sich gegenseitig ihre Liebe bestätigten und die Luft einfach vor Spannung knisterte. Viel zu schade, um jetzt zu schlafen und doch auch gerade perfekt, weil sie mit einem tollten Gefühl schlafen konnten. Philipp war sich auch sicher, dass er wundervoll träumen würde.
Der kleine Kapitän drehte den Kopf und lächelte Holger an. Wieder war er so zart, als er über seinen Arm strich. Einfach wundervoll.


Für Holger war das hart, obwohl es so ein wunderschöner Moment war. Das Lächeln, das dem Mann gehörte, der niemals zu ihm stehen konnte, schmerzte. Aber hatte er nicht anfangs geglaubt, dass es nie soweit kommen würde? Und nun lagen sie hier nackt aneinander gekuschelt mit der Erinnerung an diese Vereinigung.


Ich wünsche dir eine gute Nacht. Schlaf gut.“ Dann hauchte er einen Kuss auf die Brust und drehte den Kopf wieder. Er rutschte noch mit seinem Hintern etwas hin und her, damit er bequem lag und schloss die Augen.


Holgers Blick wurde verträumt und er schien erst davon loszukommen, als die weichen Lippen seine Haut an der Brust trafen.
„Schlaf du auch gut“, wünschte er ihm und reckte seinen Kopf, damit er ihm erneut einen Kuss darauf hauchen konnte. Philipp schien es sich noch weiter bequem machen zu wollen, weswegen Holger ihn schmunzelnd dabei beobachtete. Dann war es aber ruhig. Nur der leise Atem war noch zu hören.


Die Zeit war nun wirklich gekommen und es half ja nichts. Sie konnten nicht vor der Zeit davon laufen oder sie einfach anhalten. Das Leben war eben kein Wunschkonzert. Was er sich in diesem Moment wünschen würde, wenn es das wäre? Dass der Moment ewig wäre. Aber das schloss auch gleichzeitig seine Frau und seinen Sohn mit aus. Wieder verbannt er die Gedanken daran. Lieber atmete er tief ein, nahm so Holgers Geruch war und ließ sich von dessen Anwesenheit in das Reich der Träume befördern.


Wann würde er ihn das nächste Mal im Arm halten können? Nachts... eigentlich wäre es praktisch, wenn er mit dem FC Bayern immer mitreisen und sie sich ein Hotelzimmer teilen könnten, aber Holger würde es nicht immer rechtfertigen können, dass er bei der Mannschaft sein wollte. Und die Tage, die Philipp dann zu Hause war, wollte er seiner Familie zugestehen. Wo blieb er da noch? Wahrscheinlich sahen sie sich nur noch an der Säbener Straße oder auf dem Golfplatz.
Schwer seufzte er, bevor sich ein müdes Lächeln auf seinem Gesicht bildete, als er ihn zärtlich betrachtete. Er liebte diesen Menschen und hatte Angst ihn zu verlieren, wenn er irgendeine Zeit einfordern würde.
Holger dachte noch lange darüber nach, wie sie es organisieren konnten, aber irgendwann wurde die Müdigkeit stärker und auch er fiel in einen tiefen Schlaf.

Kommentare: 1
  • #1

    Engel (Sonntag, 04 Oktober 2015 20:44)

    Hey :)
    Ein neues Kapitel! Ich hab mich end gefreut!!!!
    Die zwei sind so süß und ich bin begeistert von Holger, dass ich ihm jedes Glück wünsche!
    Ein wenig war ich überrascht, dass Philipp sich wirklich zu einem Ich liebe dich hinreißen ließ
    Natürlich sehr gut, aber am Ende wurde gut auf die Zukunft hingewiesen
    Ich bin gespannt wie noch mal was wie Philipp das jetzt weiter managt. Holger kann ja nur das nehmen was er bekommt
    Und ob Philipp sich jetzt noch genauso auf seine Frau einlassen kann wie vorher
    Freue mich aufs nächste Kapitel!!