Kapitel 121 – Sandmännchen Philipp



Wieder suchte Philipp den Blick in die blauen Augen, aber der blieb ihm verwehrt. Leider. Aber das war auch nicht ganz so wichtig. Philipps Lippen zierte ein Lächeln, bevor er Holger einen Kuss aufs Haar hauchte.


Plötzlich spürte er eine Berührung an seinem Kopf, die nur von dessen Lippen kommen konnte. Er deutete daraufhin, dass er doch mit den Worten zu rechnen hatte. Wie konnte er auch jetzt noch daran zweifeln, dass er das nur sagte, weil er ihn nicht verletzen wollte? Philipp handelte nicht aus Zwang, das hatte Holger begriffen, als er ihn nach der Erkenntnis, dass er Gefühle für ihn hegte, alleine ließ. Der Blonde war froh darüber, dass er sich so sicher sein konnte, dass die Worte von Herzen kamen.


Ich habe dich sehr, sehr lieb, Holger Badstuber“, flüsterte er. „Wirklich sehr, sehr lieb.“
Wenn das alles, was er brauchte, wenn er nur Bestätigung brauchte, dann sollte er die bekommen. Er konnte sie bekommen so oft er wollte. Philipp würde ihm jederzeit wieder sagen, dass er ihn lieb hatte.

Dieses wohlige, vertraute Gefühl, was nur er in ihm auslösen konnte, breitete sich in seinem großen athletischen Körper aus und zwangen ihn dazu seine Mundwinkel nach oben zu ziehen. Sie legten die imaginären bleiernen Gewichte ab und konnten wieder zu einem Lächeln werden. Befreit atmete Holger durch. Es war kein 'ich liebe dich' und trotzdem machte es den Jüngeren glücklich. Vielleicht lagen da noch Lichtjahre zwischen 'lieb haben' und dem tatsächlichen lieben, aber für den Augenblick war das nebensächlich. Holger mochte es zu wissen, dass er ihm etwas bedeutete und ihn eben lieb hatte.


Sanft und hauchzart zeichnete mit einem Finger ein Muster auf Philipps nackte Haut. Es waren Herzchen, was ihm gar nicht so direkt bewusst war.


Im ersten Moment erschauerte Philipp unter der Berührung, sie kitzelte auch leicht, aber Holgers Finger fühlten sich auch angenehm weich an. Was malte er denn da? Herzen? Philipp wurde klar, dass da wohl jemand so richtig verliebt war in ihn.


Ich hatte Angst dir das zu sagen“, flüsterte er. „Ich dachte, ich würde dich damit verschrecken“, nuschelte er. Holger fing an die Position sehr praktisch zu finden, denn so konnte er murmeln, ohne dass Philipp es komplett verstehen konnte. Und in die Augen sehen musste er ihm dabei auch nicht. Obwohl er liebend gerne in den Augen des Älteren versank. Viel zu gerne mittlerweile.


Holger fand dann doch auch noch weitere Worte, aber der Ältere tat sich schwer sie zu verstehen. Irgendwas mit Angst und er dachte irgendwas in Bezug auf ihn. Aber daraus konnte er sich nichts richtig erschließen.


Leider schien sein Plan nur noch gegen Philipps Körper zu nuscheln, fehlgeschlagen zu sein. Er hätte es ja eigentlich besser wissen müssen.


„Holger, ich mag es ja, dich so dicht bei mir zu wissen, aber ich gerade nur jedes fünfte Wort oder so verstanden. Kannst du das noch mal sagen?“
Und wehe der kam wieder auf die Idee abzuweisen. Philipp würde nachbohren, das sollte er doch inzwischen verstanden haben. Vor allem wollte er wissen, wo genau seine Angst gelegen hatte. Er wollte ihm versichern, dass er keine Angst haben musste. Musste er doch auch nicht, oder? Wovor denn?


Holger hätte am liebsten den Kopf geschüttelt und verneint, aber er kam sich albern dabei vor. Wenn man es mit der Zeit verglich, in der er lauthals über das Feld brüllte und sogar im Training einen Mitspieler aufforderte sein 'Maul' zu halten, war der Blonde nicht wiederzuerkennen. Doch neue Situation forderten unweigerlich auch andere Verhaltensmuster. Jedoch hoffte Holger, dass er bald wieder mehr zu sich zurückfinden würde. Seine Selbstsicherheit und Ruhe sollten zurückkehren, dann konnte er das mit Philipp wirklich nur noch genießen und würde sich nicht mit Ängsten quälen. Würde der Kapitän dann auch mehr Gefallen an ihm haben? Es kam zu dieser zarten Bande zwischen ihnen erst, als er sich schon verändert hatte. Als er ruhiger, trauriger und auch schwieriger geworden war. Er konnte sich nicht vorstellen, ob Philipp die schüchterne oder die starke Seite besser gefallen würde, doch was er sich wiederum sehr gut vorstellen konnte, war, wie der Ältere ihm sagen würde, dass er einfach er selbst sein sollte. Damit würde er ihm am besten gefallen.
Holger konnte es sowieso nur schwer beeinflussen. Immerhin konnte man seinen Charakter und Verhaltensweise nicht wechseln wie die Kleidung.


Holger schwieg und sagte erst mal nichts. Er reagierte auch nicht und Philipp wartete ab.


Er löste den Kopf etwas, richtete ihn zögerlich auf und rutschte etwas hoch, damit er seine Stirn gegen Philipps Kinn lehnen konnte. Nur ganz leicht, lediglich so, dass eine Berührung spürbar war.


Irgendwann regte Holger sich dann zumindest und rutschte höher, lehnte seine Stirn gegen sein Kinn. Den warmen Atem spürte Philipp deutlich auf seiner Haut. Das Gefühl war schön, auch, wenn es etwas kitzelte.


Ich hatte Angst dich mit sowas zu verschrecken“, klang seine Stimme lauter. Wobei laut nicht das richtige Wort für die Lautstärke des Gesagten war. Aber sie klang wenigstens fester und entschlossener, wenn auch trotzdem flüsternd. So eben, dass Philipp sie verstehen konnte. „Deshalb hab ich auch gefragt, ob ich dich lieben darf“, erklärte er ihm.


Ach so“, hauchte Philipp nachdenklich. Er verstand diese Angst vollkommen. Es wäre wohl die Hölle für ihn gewesen, wenn er den Jüngeren wieder zurückgestoßen hätte. Aber vermutlich hätte er das auch nicht übers Herz gebracht.


Holger kam aber auch eine Frage in den Sinn. „Warum hast du gefragt, wie ich das meine?“ Wie hatte er es denn verstanden? Es konnte doch in dem Zusammenhang nur eines heißen? Schlagartig fiel ihm wieder ein, dass sie hier nur in Shorts lagen und sich gegenseitig über die nackte Haut streichelten. Spielte Philipp also mit dem Gedanken, dass er ihn so gebeten hätte mit ihm zu schlafen? Er hielt es aber für ein gutes Zeichen, dass er dann nicht angewidert aus dem Bett gesprungen war, denn miteinander zu schlafen war nochmal etwas ganz anderes, als sich nur zu streicheln. Auch, wenn es Holger jetzt einzig und allein darum ging, Philipp bei sich zu haben, legte sich eine zarte Röte bei dem Gedanken in sein Gesicht.


Dann brauchte Philipp einen Moment zum Überlegen. Er beschloss nicht alle Möglichkeiten, die er sich überlegt hatte aufzulisten. Er würde verschweigen, dass er an Sex gedacht hatte. Irgendwie fand er das besser. Vor allem wo Holger doch eh nicht darauf aus war.


Nun war es Philipp, der länger brauchte mit einer Antwort. Holger machte sich derweil Gedanken, um seine Reaktion auf sein Gesagtes. 'Achso' ließ kaum Möglichkeiten zur Interpretation. War das also okay? Verstand Philipp seine Sorge oder war es einfach nur eine Feststellung, weil er eben jetzt bescheid wusste?


„Na ja… man darf im Profifußball nicht schwul sein. Ich dachte, dass du es irgendwie darauf beziehst. Ob es wirklich okay ist, dass du einen Mann liebst.“ Aber eigentlich war das auch bescheuert. Es würde ja eh niemand mitbekommen. Oder? Nicht hier in Trentino und wie es in München weitergehen sollte, wusste er ja eh noch nicht.


Holger nickte leicht. „Achso.“ Im nächsten Moment grinste er leicht, da er die selbe Erwiderung benutzte, was ihm erst im Nachhinein auffiel. Aber eines, das musste er klarstellen. Er hob den Kopf etwas, um Philipp anzusehen.


I-ich bin nicht schwul. Also in Bezug auf dich, ja. Aber sonst will ich nichts mit einem Mann haben. Wirklich nicht“, versicherte er. Das konnte Holger mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass Philipp der einzige war und er auf keinen Fall Männern hinterher schaute.


Du bist eine Ausnahme... deshalb war ich anfangs doch so überrascht von solchen Gefühlen.“ Die Gefühle hatten ihn schlichtweg überfordert. In Vail und danach auch in München. Hinzu kam der Kreuzbandriss und fertig war die Tragödie.
Philipp würde das doch verstehen, oder? Er war ja auch nicht schwul und doch lagen sie sich hier im Arm, streichelten und küssen sich.


Philipp konnte die Worte nachvollziehen. Er verstand es, da es ihm ja genauso ging, wenn er so darüber nachdachte. Er war auch nicht schwul – egal, was die Presse auch sagte – und trotzdem fand er Holger irgendwie anziehend. Irgendwie hatte er auch Gefühle für ihn, die nicht normal waren, wenn man hetero war. Eben jene Gefühle, vor denen er sich so lange versperrt hatte. Er hatte es aber in dem Sinne einfacher, da er von Holgers Gefühlen schon wusste. Wie schwer musste es für ihn gewesen sein, als er gemerkt hatte, dass da mehr war. Mehr als nur Freundschaft.


Der Jüngere kuschelte sich wieder näher und fast automatisch zog Philipp ihn auch dichter an sich.
Philipp fuhr wieder und wieder durch Holgers Haare. „Du verschreckst mich nicht damit. Nicht jetzt.“ Aber er hatte ihn im Prinzip verschreckt als Philipp erfahren hatte, dass Holger Gefühle für ihn hegte. Irgendwie war das aber auch nachzuvollziehen, oder? Auf jeden Fall verstand er vor dem Hintergrund die Angst auch besser.


Holger kuschelte seinen Kopf wieder an den Älteren, als dieser durch seine Haare fuhr. Es war toll... Erleichtert seufzte er. Er hatte da wirklich große Angst vor Abweisung. Und nun konnte er auch das 'Achso' deuten. Philipp verstand es und nahm ihm seine Angst. Zumindest größtenteils. Eine kleinere würde immer bleiben, solange er nicht wusste, wie das in München werden würde.
Er hatte wirklich einen Moment lang nicht mehr daran geglaubt, dass er sich noch mit guten, beruhigtem Gefühl an ihn kuscheln konnte. Nicht nachdem er so zögerlich reagierte nach seinem Liebesgeständnis. Nicht nach dem 'er mochte ihn'. Aber das er ihn sehr, sehr lieb hatte, machte Holger Hoffnung, auch wenn er sie sich vielleicht nicht machen sollte, spann er sich in seinem Kopf zusammen, dass doch noch mehr werden konnte.


„Ich hätte nie geglaubt hier so mit dir zu liegen“, flüsterte Philipp leise. Am allerwenigsten nachdem er es vor Holgers Haustür erfahren hatte. Und jetzt gab es nichts, was er lieber tun würde. Holger so nah bei sich zu spüren, war ein schönes Gefühl. Es ließ sein kleines Herz höher schlagen und sorgte für eine angenehme Nervosität und Aufregung.

Gleichzeitig wuchs aber seine Sorge um die Zukunft. Er wusste nicht, was das werden sollte. Claudia und Holger gingen nicht, das würde er auch nie tun. Aber… wie sollte er sich denn entscheiden? Das ging gar nicht! Da war seine Frau, mit der seit Jahren zusammen war und mit der er einen gemeinsamen Sohn hatte. Und auf der anderen Seite stand Holger. Ein Freund, für den er mehr empfand als Freundschaft, aber im Moment konnte er nicht von Liebe reden.
Die Fakten sprachen klar für Claudia, aber er konnte Holger einfach nicht vor den Kopf stoßen und hier drauf verzichten, wollte er auch ungerne, bloß wäre das nicht fair. Es wäre beiden gegenüber nicht fair.
Fair war es auch nicht, dass er ausgerechnet jetzt darüber nachdachte, während er hier mit Holger lag. Philipp beschloss es bleiben zu lassen. Er ließ lieber seine Hände über Holgers nackten Rücken streichen. Die Stille war angenehm. Bloß ihr beider Atem war zu hören.


Philipps Stimme war leise und klang dadurch wundervoll angenehm in Holgers Ohren. Er wollte etwas erwidern, aber es war falsch, wenn er ihm das selbe sagen würde. Denn es gab wirklich Tage, an denen er daran geglaubt hatte, dass sie einmal so zusammen liegen würden und die Nähe des anderen genossen. Ohne große Worte, oder viele davon zu verlieren. Stattdessen alle Sinne zu sensibilisieren und alles von seinem Partner wahrnehmen.


„Ich hab es gehofft hier mal mit dir so liegen zu können“, antwortete Holger und seufzte angenehm, als die warme Hände seinen Rücken hinunterstrichen.

Philipp fragte sich, ob es so war, sie Holger sich das vorgestellt hatte. Er hatte sich doch sicher etwas vorgestellt, oder? Zu der Hoffnung gehörte doch auch oft eine Vorstellung. Aber er fragte nicht. Philipp wusste nicht, ob er die Antwort hören wollte. Er wusste nicht mal, ob man die Frage so genau beantworten konnte, also nahm er es einfach so hin und freute sich darüber, dass er Holger diesen Wunsch erfüllen konnte.


Nach und nach wurden Holgers Augenlider schwerer und schwerer. Aber er wollte nicht wieder als erstes einschlafen, auch wenn er sich in Philipps Armen wieder einmal pudelwohl fühlte, dass er gar nicht anders konnte, als wohlbehütet die Augen zu schließen und solange, bis er einschlief noch über Philipps Haut zu streicheln. Die Hand, die auf dessen Seite lag, rutschte, je tiefer er in den Schlaf glitt, runter und landete vor Philipps Bauch. Sein Kopf neigte sich etwas, sodass der Kapitän ihm wieder halbwegs ins Gesicht sehen konnte.

So gut wie die letzten drei Tage hatte er schon lange nicht mehr schlafen können, da übermannte ihn die Müdigkeit immer automatisch. Sein Körper verlangte nach Geborgenheit, seine Seele nach Liebe. Auch, wenn Philipp es nicht mit diesen Worten äußerte, genügte es Holger, dass er betonte, dass er ihn sehr lieb hatte. Allein dieser Gedanke – an den er nämlich sogar noch im Traum dachte – ließ ihn glücklich lächeln. Er wollte auf diese starken Arme nie wieder verzichten.


Dann passierte was, was irgendwie typisch war. Zumindest für die letzten Tage. „Holger?“, fragte Philipp leise. Keine Reaktion. Nur der leise Atem war zu hören. Er war schwerer geworden und Philipp merkte, dass Holger eingeschlafen war. Mal wieder.
„Ich hab das Gefühl, ich bin dein persönliches Sandmännchen“, murmelte er schmunzelnd und fuhr vorsichtig ein letztes Mal durch seine Haare. „Schlaf gut.“ Philipp schloss ebenfalls seine Augen. Er war müde geworden, wie er feststellte und war froh, dass er auch recht schnell im Reich der Träume versank.

Philipp lief einen Weg entlang. Wo war er denn hier? Er wusste es nicht, aber er lief weiter. Schon von weitem sah er, dass es eine Gabelung gab. Da standen zwei Menschen. Wer war denn da nur? Als er näher kam, erkannte er, dass Holger auf dem einen und Claudia auf dem anderen Weg stand.
„Komm zu mir, Philipp“, rief Claudia ihm zu.
„Nein“, mischte sich Holger ein. „Komm zu mir. Ich liebe dich, Philipp!“
Vollkommen überfordert blieb er stehen und schaute zwischen den beiden hin und her.
„Nein, vergiss es! Philipp ist mein Mann! Du hast ihn nicht zu lieben. Ich liebe ihn!“, schrie Claudia Holger an. Der schüttelte den Kopf. „Er lag in Trentino mit mir im Bett. Würde er dich lieben, hätte er das nie gemacht. Oder Phil?“ Holger sah ihn an und auch Claudias Blick lag auf ihm. „Ernsthaft? Erst kuschelst du dich an mich und nennst seinen Namen und dann teilst du dir ein Bett mit ihm? Philipp! Was bist du nur für ein mieses Arschloch?!“
„Aber ich…“ Immer wieder ging sein Blick zwischen beiden hin und her. Was sollte er denn jetzt machen.
„Komm zu mir, Phil. Bitte.“ Holger lächelte, sah ihn aber auch sehnsüchtig an. Auf der anderen Seite stand Claudia, die plötzlich Julian auf dem Arm hatte. „Philipp…“


Plötzlich klingelte der Handywecker. Philipp schreckte auf. Im ersten Moment wusste er nicht, wo er war. Erst nach und nach erinnerte er sich daran, dass er im Hotelzimmer war. Er reckte sich und griff zum Handy. Wecker aus und er ließ sich wieder zurückfallen. Tief atmete er durch. Der Traum war seltsam gewesen.


Holger grummelte nur wegen des Weckers, rührte sich aber noch nicht.


„Guten Morgen“, brachte er irgendwann hervor, hatte gar nicht mitbekommen, ob Holger schon richtig wach war. Philipp wurde es selber nur langsam. Der Traum machte ihm Angst, wenn er ehrlich war.


Erst als Philipps zögerlicher Morgengruß Holger erreichte, schlug er die Augen auf. Ihm fiel nicht auf, dass der Ältere durch den Wind wirkte, viel eher glaubte er daran, dass er einfach noch etwas verschlafen war. Und das sah auch wirklich niedlich aus, wie er seine Augen noch etwas zusammenkniff und sich ein wenig orientierte. Es machte auf ihn den Anschein, als wolle er lieber gleich wieder einschlafen.
„Guten Morgen“, grüßte er zurück und stützte sich mit dem Ellenbogen auf. Mit einem sanften Blick bedachte er ihn, ehe er die Position direkt ausnutzte und einen Kuss am frühen Morgen ergatterte. Es war traumhaft, dass er das jetzt so einfach konnte. Es gehörte nun fast schon dazu.


Philipp lächelte leicht als Holgers Gesicht über ihm erschien und schloss bei dem anschließenden Kuss die Augen. In diesem Moment war es seltsam sich vorzustellen, dass es anders sein würde irgendwann. Es gab aber auch in der Vergangenheit Zeiten, da war es anders. Gerade konnte er sich das nicht vorstellen. Gerade war es schön so. Einfach schön.


„Konntest du gut schlafen?“, hakte er lächelnd nach, da ihm wieder eingefallen war, dass er ohne etwas zu sagen -wieder einmal eingeschlafen- war. Er ahnte ja nichts von diesem Traum, der Philipp plagte. Auch, wenn er die Gedanken zu diesem Traum hätte verstehen können. Es war eine schwierige Situation, die für Philipp wohl viel, viel schlimmer war. So gesehen betrog er seine Frau. Anderseits war es auch für Holger nicht gerade schön zu wissen, dass er nicht der einzige für den Kapitän war.


„Ja, doch“, log Philipp. Was sollte er Holger auch von dem Traum erzählen? Er würde es nicht verstehen. Oder? Vermutlich würde er es eher nicht hören wollen. Was Holger wohl glaubte, wie es nach Trentino weitergehen würde? Philipp traute sich nicht zu fragen. Holger würde von ihm auch eine Antwort haben wollen und die konnte er ihm einfach nicht geben. Er musste, das wusste er auch, aber es ging nicht.


Holger kaufte Philipp die Lüge ab. Wieso auch sollte er misstrauisch werden? Es war doch alles normal. Philipp lächelte in den Kuss, erwiderte ihn und streichelte über seine Haare. Da käme er wirklich nicht darauf, dass ihn so ein realitätsnaher Traum plagte.


„Und du? Anscheinend kannst du ja immer gut einschlafen, wenn du auf mir liegst“, schmunzelte Philipp und hob eine Hand, um damit durch Holgers Haare zu fahren. Er tat das unwahrscheinlich gerne. Ob er damit jemals aufhören musste? Je nachdem, wie er sich entscheiden würde, welchen Weg er gehen würde. Hätte der Traum ihm nicht sagen können, bis wann er sich entscheiden musste? Oder ihm einfach direkt die perfekte Lösung bieten? Das wäre wohl zu einfach.


Leicht nickte er und lächelte ihn verträumt an. Er würde hier am liebsten den ganzen Tag liegen und sich von Philipp über den Kopf streicheln lassen.
„Das ist immer so, wenn du in meiner Nähe bist“, gab er zu. „Hast du das nicht auch schon in Vail bemerkt?“ Es musste kein Geheimnis mehr sein, dass er sich in seiner Nähe unglaublich wohl fühlte und dementsprechend schlecht geschlafen hatte, als er ihn so konsequent gemieden hatte. Wem sollte er da also noch etwas vormachen? Das tollste war aber, dass er immer noch bei ihm war, trotz seines Liebesgeständnisses, das ihn theoretisch auch hätte abschrecken können, weil er die tiefen Gefühle für ihn nicht empfinden konnte. Aber es hieß doch auch so schön, was nicht ist, konnte noch werden, oder?

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Kommentare: 2
  • #1

    Engel (Montag, 30 März 2015 18:34)

    Ich teile da ganz Holgers Hoffnungen
    Natürlich ist es schwer für Philipp weil er nicht nur eine Frau, sondern sich einen kleinen Sohn hat
    Aber so wie Claudia im Moment drauf ist, kommt vielleicht sie vor Philipp zu einer Entscheidung...
    Im ganzen fand ich das Kapitel mega süß
    Die beiden sind so liebevoll zueinander
    Das kann man als Leser so richtig genießen
    Gleichzeitig wird die Spannung immer größer wie es nach Trentino mit ihnen weiter geht

  • #2

    Minnie (Dienstag, 31 März 2015 21:26)

    Was für ein unangenehmer Traum...
    Ich liebe es, wie die Beiden miteinander umgehen! <3
    Da wird einem ganz warm ums Herz... :3

    <3 Minnie