Kapitel 74 – Golf Session Teil 1



Holger wies Philipp an zu warten, damit er den Autoschlüssel holen konnte. Seine Krücken lehnte er derweil gegen die Haustür, ehe er in den Aufzug stieg. Die Treppen würden eine zu große Belastung für sein Knie darstellen und herausfordern wollte er diese Verbesserung nun wirklich nicht. In der Wohnung angekommen, schnappte er sich schnell die Schlüssel und war auch gleich wieder auf dem Weg nach unten, wo Philipp geduldig auf ihn wartete. Per Knopfdruck entriegelte er seinen Audi und verstaute seine Krücken im Kofferraum. Als er die Fahrertür öffnete und sich setzte, achtete er in diesem Augenblick gar nicht auf Philipp und genoss einfach nur das Gefühl selbst hinterm Steuer zu sitzen. Der Schlüssel fand seinen Weg ins Zündschloss, wodurch augenblicklich laute Hip-Hop Musik aus den Lautsprechern ertönte.


Sorry“, murmelte er entschuldigend und drehte sofort leiser.


Er erinnerte sich noch gut an dieses Lied, das am 18. Mai während der Fahrt zur Säbener Straße lief. An eben jenen Morgen spürte er, dass etwas mit seinem Knie nicht stimmte, weswegen er bei Ankunft Müwo auch sofort konsultieren wollte. Aber zu dem Zeitpunkt war es längst zu spät den zweiten Riss noch abzuwenden.


Du hörst bestimmt lieber Radio, oder?“, fing Holger ein Gespräch an und betätigte den Knopf, um das Radio einzuschalten. Er konnte seine Musik immer noch anhören, wenn er alleine wohin fuhr.


„Ach, Quatsch, wir können auch deine Musik hören. Hin und wieder höre ich ganz gerne mal etwas andere Musik.“
Gut, Hip Hop war jetzt nicht seine Lieblingsmusik, aber mal was anderes und generell war er da schon aufgeschlossen. Es war ja auch nur der Weg bis zum Golfplatz.


Holger nickte zwar, aber überlegte einen kurzen Moment lang, ob Philipp das vielleicht nur aus Höflichkeit sagte. Es war schließlich sein Auto... also demnach konnte er anhören, was er wollte. Aber hieß es nicht auch, dass der ''Gast'' König war? Was machte er sich überhaupt Gedanken? Es war doch wirklich nur Philipp, mit dem er zum Golfplatz fuhr. Jedoch war es eben jener Philipp, für den der Blonde mehr als nur bloße Freundschaft empfand. Er spürte auch jetzt das Verlangen in seinen Armen zu liegen und ihn sanft küssen zu können. Dieses Gefühl war mittlerweile allgegenwärtig und verstärkte sich nur noch in Anwesenheit des Kapitäns.
Er entschied sich dafür das Radio einfach laufen zu lassen. Philipp konnte die Musik ja auch selber ändern, wenn er wollte.


„Warst du eigentlich irgendwann schon mal golfen? Und jetzt sag nicht, du warst beim Mini-Golf, das kann man nicht vergleichen.“


Wenn Mini-Golf nicht dazu zählt, dann nein“, antwortete er schmunzelnd.


Auch wenn er sich für viele Sportarten interessierte, gehörte Golf bislang nicht dazu. „Du hast es also mit einem blutigen Anfänger zu tun“, witzelte er, obwohl es weitaus nicht so lustig werden könnte, wie es nun vielleicht schien.


Er kannte sich wirklich kaum aus, geschweige denn hatte er den nötigen Dreh für die Abschläge heraus. „Wenn es überhaupt nicht klappt, setz ich mich einfach ins Gras und schau dir bei deinen Abschlägen zu.“ Das war kein schlechter Plan. Notfalls täuschte er eben Schmerzen im Knie vor und setzte sich deshalb ausklinkend auf die Wiese zum Zuschauen, bevor er sich komplett vor Philipp blamieren würde. Holger wollte ihm doch gefallen, ihm imponieren mit seinem Können und sich nicht wie der letzte Trottel präsentieren.


Wir fahren doch nicht zum Golfen, damit du in Ruhe zugucken kannst“, empörte sich Philipp übertrieben. „Du spielst schön mit. Und wenn du es nicht hinkriegst, üben wir solange, bis es klappt.“
Was anderes kam für ihn gar nicht in Frage. Holger wollte golfen und er würde golfen. Anfänger hin oder her.


Sie fuhren auf das Gelände und der Innenverteidiger parkte den Wagen. Gemeinsam mit den Krücken verließen sie das Auto und steuerten den Eingang an. Philipp zeigte seinen Ausweis und sie bekamen Zutritt in den hinteren Teil des Gebäudes.


Holger zeigte sich von dem Golfplatz angetan. Es handelte sich um ein sehr gepflegtes Gebäude, und Menschen, die gut gekleidet waren. Bestimmt kostete die Mitgliedschaft ein ansehnliches Sümmchen.


„Ich lagere meine Schläger immer in einem Schließfach“, erklärte er auf dem Weg dorthin. „Du kannst einen von meinen nehmen. Wir gehen am besten erst in die Übungshalle und danach auf den Rasen. Dann kannst du schon mal ein paar Schläge üben. Oder was meinst du?“ Philipp suchte Holgers Blick, während sie durch die Gänge gingen. Irgendwie freute er sich schon richtig. Das war das erste Mal, dass er richtig was mit Holger unternahm, wenn er Vail mal außen vor ließ.


Der Innenverteidiger folgte dem Kapitän zu den Schließfächern und warf immer wieder einen interessierten Blick auf die Einrichtung und die Leute, die sich auch gerade hier aufhielten. Es war gut, dass Philipp gleich einen von seinen Schlägern anbot, ansonsten hätte er notfalls wohl mit der Krücke schlagen müssen. Oder er lieh sich welche aus, wie man es auch beim Bowling mit den Schuhen machte.


„Gehen wir gleich auf den Rasen“, entschied Holger nach kurzer Überlegung. „So schlimm wird es schon nicht werden“, winkte er ab, wusste eigentlich auch nicht so wirklich was auf ihn zu kam, aber erst in der Halle üben, war ihm doch zu langweilig. Am Ende schafften sie es dann heute von dem ganzen Üben gar nicht mehr raus auf den Rasen. Er fragte sich, als sie bei den Schließfächern ankamen, ob Golfen auch ein Hobby für ihn werden könnte. Ein Interesse, das er mit Philipp teilen konnte. Außer dem Fußball natürlich, nie würde er eine Sportart mehr lieben können. Grinsend stellte er fest, dass sich hier wirklich viele ältere Menschen rumtrieben, jemanden in ihren Alter war ihnen bisher noch nicht begegnet.


Philipp sperrte sein Schließfach auf und holte die Schläger heraus. Holger stellte die Krücken hinein, damit sie, wenn es nötig wurde, gleich griffbereit waren. Aber auf den Rasen wollte er sie dann doch nicht mitnehmen, weswegen das eine elegantere Lösung war, sie im Schließfach zu verstauen.


Dann können wir ja anfangen, oder?“, fragte Holger eher beiläufig, doch eine gewisse Vorfreude lag in seiner Stimme. Vergessen war der blöde Moment nach dem Training und die Auseinandersetzung mit Basti. Jetzt wollte er sich nur aufs Golf spielen konzentrieren... und auf Philipp natürlich.


Sei doch nicht so ungeduldig“, schmunzelte Philipp. Er hatte zwar seine Golftasche in der Hand, aber fertig war er deswegen noch lange nicht. Oben in einem Fach lagen noch Bälle, die er dazu packte.


Philipps Schmunzeln übertrug sich automatisch auf Holgers Gesicht, allerdings schaute er danach etwas unbeholfen auf den Boden. Er hatte ja keine Ahnung, was für Vorkehrungen der Kapitän noch alles treffen musste, bevor sie endlich loslegen konnten.


„Ich habe hier eine der besseren Mitgliedschaften“, erklärte er, während er das Schließfach wieder zuschloss.


Irgendwie wunderte den Innenverteidiger ihn nicht, dass der Kapitän einer der gehobenen Mitglieder hier war. Wenn man gut verdiente, konnte man sich das durchaus gönnen.


Deswegen holen wir uns erst noch etwas Verpflegung und wir brauchen einen Trolley. Die Krücken willst du wirklich hier lassen? Wir können sie auch mit dem Trolley ziehen, das wäre kein Problem.“
Schlau, die Frage zu stellen, wenn der Spind wieder zu war, aber egal. Sie konnten ja auch gleich wieder hierher zurück kommen.


Auf seinen Vorschlag hin nickte der Blonde, aber im selben Moment fiel die Schließfachtür ins Schloss.


Überleg es dir, komm erst mal mit.“ Philipp schulterte die Golftasche und schritt vorweg.


Ohne ein weiteres Wort, folgte Holger dem Älteren erneut. Er kannte sich hier überhaupt nicht aus, hätte sich an den vielen Schildern orientieren müssen, aber er konnte nichts dagegen tun, dass er sich total wie ein Anhängsel oder Kleinkind vorkam, das seinem Vater hinter dackelte.


Er brachte sie zu dem kleinen Café, was zu der Anlage gehörte. Dort gab es eine extra Theke, die er ansteuerte. Die Frau dahinter lächelte ihnen freundlich entgegen.


Unbeholfen blieb Holger etwas von der Theke weg und besah sich stattdessen die Prospekte, die in einem Glaskasten ausgestellt waren.


Guten Tag Herr Lahm, schön, dass Sie wieder hier sind.“


„Danke“, er lächelte freundlich zurück.


Wir hätten gerne zwei Flaschen Wasser und… hm… was können Sie denn heute empfehlen?“ Er ließ seinen Blick über die Theke schweifen. Wie immer gab es belegte Brötchen, Wraps und andere Teigwaren aller Art für unterwegs.


Holger, was isst du denn gerne?“, drehte er sich zu ihm um und winkte ihn näher.


Erst als Holger seinen Namen hörte, drehte er seinen Kopf in Philipps Richtung und trat näher heran. Blinzelnd betrachtete er die riesige Auswahl an Teigwaren und grinste leicht. Das war eine gute Verpflegung für Wanderer und langsam bekam er etwas Angst, was ihn denn beim Golfen erwarten würde.


So ein Salamibrötchen“, nickte er mit dem Kopf in Richtung des ausgewählten Essens, was die Servicekraft gleich als Aufforderung ansah das einzupacken. Anschließend wartete sie nach ihrer Empfehlung der Wraps ab, was Philipp nehmen würde.


Philipp entschied sich für ein Brötchen mit Schinken, das nahm er meistens. Für jeden gab es noch einen Müsliriegel und dann reichte die Bedienung ihnen die Tüte über die Theke.


Sie verabschiedeten sich und der Ältere steuerte direkt die nächste Theke an. Auch hier wurde er wieder persönlich begrüßt.


„Guten Tag Herr Lahm, es ist immer wieder schön Sie hier zu sehen. Gehen Sie heute mit einem Freund golfen?“


Der nette Herr richtete seinen Blick kurz auf Holger, ehe er wieder Philipp anlächelte.


Der nickte. „Ja, so sieht es aus. Deswegen brauchen wir einen Trolley.“


„Das Modell, dass Sie immer nehmen, nehme ich an, oder?“


Philipp nickte, der Mann verschwand kurz und kam dann mit einem einfachen, aber dafür sehr leichten Trolley wieder zurück. Er nahm Philipp die Tasche ab und befestigte sie an dem rollenden Gestell.


Holger durfte des öfteren feststellen, dass Philipp hier kein unbeschriebenes Blatt war, sondern an jeder Ecke freundlich gegrüßt wurde. Man sah ihm schon an, dass er sich unter diesen Leuten und wahrscheinlich auch beim Golfen wohl fühlte und das gefiel auch dem Innenverteidiger, wenn Philipp glücklich war. So oft wie er ihn nun schon strapazierte – wie Philipp es beschrieb – tat so ein völlig harmonischer Golf-Nachmittag ihrer Freundschaft bestimmt sehr gut.


Sie bedankten sich und schlugen wieder den Weg zu den Schließfächern ein. „Jetzt holen wir die Krücken und dann begeben wir uns auf den kleinen Golfplatz. Hier haben sie nämlich einen… ja einfachen quasi. Für Anfänger oder wenn man mal nicht so viel Zeit hat, dann kann man die kleine Runde machen“, erklärte Philipp Holger und packte die Krücken ebenfalls mit auf den Trolley.


Brav ging Holger dem Älteren hinterher, nickte ab und zu, wenn Philipp etwas fragte oder sich wegen irgendetwas vergewissern wollte und war nun schon richtig gespannt auf den sogenannten kleinen Golfplatz. Er nahm es ihm nicht übel, schließlich war Holger Anfänger. Zu große Fortschritte durfte der Kapitän da sowieso nicht erwarten.


Startklar?“, er lächelte Holger an. Die Vorfreude machte sich immer mehr in ihm breit. Er freute sich wirklich mit Holger zu golfen und ihm zu erklären, wie das alles funktionierte. Er hoffte nur, dass der Innenverteidiger da auch Spaß dran hatte.


Eifrig nickte der Innenverteidiger, hatte er doch auch schon lange darauf gewartet endlich beginnen zu können.


Philipp führte sie nun zu eben jenen Anfängerplatz und stellte den Trolley ab. Auf den Abschlagpunkt setzte er einen der kleinen Golfbälle und reichte Holger einen Schläger.


So schwer kann das ja nicht sein“, merkte Holger überlegend an. Man musste nur den Ball so weit wie möglich schlagen, wenn er das richtig verstand. „Ich fang an, vielleicht bin ich ja ein Naturtalent“, grinste er belustigt. Auch wenn er wusste, dass dem nicht so war.


Übereifrig holte Holger aus, wollte den Ball treffen, aber spürte einen schwereren Widerstand als den Ball. Alles kein Problem für den Innenverteidiger, der sein Krafttraining selten vernachlässigte. Deshalb nahm er das auch nur bedingt wahr und richtete seinen Blick erwartungsvoll nach vorne, doch anstatt des erwarteten Golfballs flog ein Stück des Rasens vorbei und landete nicht weit von ihm vor seinen Füßen. Ihm kam der Gedanke, ob er Philipp vielleicht doch lieber weiter erklären und vorzeigen lassen sollte, bevor er einen Fischteich ausheben würde.


Er wollte wirklich nicht lachen, aber Philipp konnte nicht anders als das Grasbüschel durch die Luft flog. „Sorry“, japste er und bemühte sich mit Lachen aufzuhören.

Aber das war echt gut.“


Verlegen hob Holger das Stück des Rasens auf und stopfte es in die kleine Mulde, die er eingerissen hatte. Schüchtern räusperte er sich und wich den Blicken des Älteren gezielt aus. „Knapp daneben ist auch vorbei.“


Da sich der Ball dennoch leicht bewegt hatte, legte Philipp ihn wieder richtig hin und stellte sich kurzerhand vor Holger. „Guck auf meine Füße und stell deine genauso.“


Erstaunt hob Holger seinen Blick, als Philipp ihn anwies, seine Füße genau so zu platzieren, wie er sich hinstellte. Das war gut... so musste er ihm wenigstens nicht ins Gesicht sehen.


Philipp gab Holger die Zeit zum Nachmachen und stellte sich dann hinter ihn. Das musste ziemlich seltsam aussehen, aber das interessierte ihn gerade weniger.


Und so soll es besser klappen?“, murmelte er irritiert, während Philipp um ihn herum ging und sich offensichtlich hinter ihn stellte.


„Du musst die Arme…“, er zerrte an Holgers und brachte sie in die richtige Position. „Ja, genauso. Und jetzt mit Gefühl. Hol erst ein bisschen aus, dann etwas mehr.“
Philipps Hände lagen weiter an Holgers Armen und er führte sie durch die Luft.


Holger kam nicht zum Fragen, was das werden sollte, denn der Körper, der sich von hinten an ihn randrückte und nur einen Moment darauf seine Arme packte, ließen sein Herz erneut um einiges schneller schlagen. Ein heißkalter Schauer jagte über seinen Rücken, während er sich weitgehend auf das Golfen konzentrieren wollte. Es musste ziemlich albern aussehen, wie Philipp seine Arme lenkte, bevor er wieder von ihm abließ. Holger schluckte schwer und wagte gar nicht mehr aufzusehen. Seine Gesichtsfarbe würde ihn verraten. Aber er könnte es auch einfach auf die Peinlichkeit des ersten Schlages schieben, oder?
Lieber nicht drauf ankommen lassen.


Zwei Mal wiederholte Philipp das, dann ging er wieder um Holger herum, stellte sich im Abstand zu ihm gegenüber. „So und jetzt noch mal. Diesmal den Ball etwas mehr anvisieren.“ Er konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.


Holger visierte den Ball nun deutlich an und versuchte genauso mit seinen Armen Schwung zu holen, wie Philipp es ihm gezeigt hatte.


Irgendwie schien Holger angespannt zu sein. Vermutlich wollte er nicht wieder das Gras weghauen. Philipp sparte sich jeglichen Kommentar dazu, immerhin wollte er den Innenverteidiger nicht noch mehr in Verlegenheit bringen.


Er probierte es mit weitaus weniger Kraft wie zuvor, falls er wieder daneben schlagen sollte. Und es klappte! Zwar sah es noch etwas unbeholfen aus, aber er traf den Ball der gut einige Meter flog und dann den Rasen entlang rollte.


„Hey, der war doch gut!“ Philipp nickte anerkennend. „Komm, gleich noch mal“, er zog an Holgers Ärmel, grinste und ging dann weiter Richtung Ball.


Immer noch zeichnete sich eine zarte Röte auf Holgers Wangen ab. Diesesmal aber wegen des Kompliments. War der Schlag wirklich so gut? Er blickte der Flugrichtung nach und runzelte die Stirn. Weit geflogen war der Ball ja, aber er konnte das nicht so ganz einschätzen.Bereitwillig folgte er Philipp zum Ball.


„Hast du gemerkt, wie wichtig die Beine auch dabei sind? So hast du einen super Stand. Mit den Armen kannst du ruhig mehr ausholen und kräftiger schlagen“, ließ er direkt sein Wissen raushängen, wollte aber nicht angeben, sondern Holger einfach helfen. „Noch ein paar Schläge und du bist schon ein halber Profi.“ Er lächelte den Innenverteidiger an. Jetzt musste er nur hoffen, dass ihm das Spaß machte und Gefallen daran fand, dann konnten sie öfters golfen gehen. Es würde ihn freuen.


„Entweder du willst mich anspornen weiterzumachen, oder ich war echt gut“, grinste er, während er dem Kapitän wie so oft heute schon hinterher dackelte.


„Das war wirklich gut für den Anfang“, bestätigte Philipp seine Worte noch mal. Natürlich wollte er Holger damit auch anspornen, aber gut war es trotzdem.


Dennoch musste er ihm zustimmen, was er auch mit einem Nicken zeigte. „Hätte echt nicht gedacht, dass es beim Golfen so wichtig ist, wie man steht.“


„Golfen ist nicht einfach nur drauflosschlagen, das wäre ja auch zu einfach“, schmunzelte Philipp.


Schulterzuckend stellte er sich wieder genauso neben den Ball und lächelte Philipp an. „Man lernt eben nie aus.“ Holger wollte gerade mit dem Schläger ausholen, als er abrupt inne hielt.


„Ein halber Profi? Wofür üben dann manche so lange?“, lachte er. Oder war er wirklich ein Naturtalent? Er bezweifelte es, vor allem nach dem nächsten Schlag. Irgendwie schien er doch wieder zu stark ausgeholt zu haben, weswegen der Ball zwar an Höhe gewann, aber nicht an Weite.


„Naja... ein paar Übungsstunden werd ich wohl noch brauchen“, kommentierte er seinen Abschlag und blickte erneut dem kleinen Golfball nach, ehe er den Blick zu dem Kleineren suchte und sanft lächelte.


„Aber es macht Spaß.“ Es würde bestimmt weniger Spaß machen, wenn Thomas dabei war, aber insgesamt gefiel ihm Golf schon ganz gut. Natürlich tat das Alleinsein mit Philipp ihr übriges.


Aufmunternd sah der Ältere Holger an und lächelte.
„Das freut mich, dass es dir gefällt.“ Sofort wurde sein Lächeln breiter und seine Augen fingen sogar etwas an zustrahlen. Er freute sich wirklich sehr darüber.


„Aber dann gehen wir mal weiter. Du bist gleich schon am Loch, da kommt es darauf an, die richtige Taktik zu finden. Wie ich eben schon sagte: mehr Schwung oder mehr Kraft? Das gesunde Mittelmaß ist wichtig. Schlägst du zu schwach, brauchst du noch mehr Schläge und wenn du zu stark schlägst, geht der Ball nebenher oder springt evtl. wieder raus.“
Irgendwie fühlte sich das gut an hier so als Profi auftrumpfen zu können. Zumindest war er von ihnen beiden der Profi. So gut war Philipp jetzt auch nicht, aber dafür spielte er auch nicht so regelmäßig. Vielleicht würde sich das ändern, wenn er erst mal seine aktive Karriere beendet hatte, aber da wollte er noch nicht drüber nachdenken.


Nicht nur das Golfen an sich bereitete Holger Freude, auch dass Philipp sich hier wohl zu fühlen schien und mit seinem Wissen doch ein wenig prahlen konnte, gefiel dem Innenverteidiger. Vielleicht war das ganz gut, da er beim Zocken wohl immer den kürzeren ziehen würde und deshalb ruhig beim Golfen die Oberhand haben konnte.


Genau das sah man ja auch bei Holgers nächstem Schlag. „Du musst ein gewisses Gefühl dafür entwickeln. Wie viel Schwung brauchst du, wenn du weit schlagen willst? Lieber mehr Schwung oder mehr Kraft? Das wird schon etwas dauern.“


Gehorsam nickte Holger zu den Anweisungen, dass er mehr abwiegen sollte, ob Schwung oder Kraft wichtiger war. Das würde anfangs noch schwer für ihn werden, aber er war sich sicher, dass er das mit Philipps Hilfe schon schaffen würde. Zusammen blieben sie beim Golfball stehen und während der Ältere weiter fachsimpelte, versuchte Holger herauszufinden, wie fest er zu schlagen hatte, damit er gleich ins Loch sprang. Allerdings kämpfte sich sein Blick immer wieder zu Philipp und musterte ihn unauffällig. Erst vor etwa einer Stunde lag er in seinen Armen und schon wieder sehnte er sich danach. Sogar noch mehr nach dieser überraschenden Berührung seines Rückens. Seufzend, da er keinerlei Chance sah sich ihm körperlich anzunähern, senkte er den Blick und visierte den Golfball an. Unbewusst fuhr er mit der Zunge über seine Lippen, um die Trockenheit zu beseitigen. Auch eine Angewohnheit bei solchen Sachen, die präzise sein mussten, dass er leicht seine Zunge sichtbar werden ließ und sie an kaum merklich seitlich an die Oberlippe schmiegen ließ. Mit dem offensichtlich falschen Maß an Schwung kugelte der Ball knapp neben das Loch und noch ein Stück weiter. Mit einer solchen Geschwindigkeit wäre er vermutlich sowieso wieder herausgesprungen.


Holger schien in Philipps Augen besonders konzentriert zu sein bei seinem nächsten Schlag. Womöglich nahm er sich seine Ratschläge wirklich zu Herzen. Ganz klappte es dennoch nicht.


„Fast“, lächelte der Kapitän trotzdem. Es ging hier ja um nichts, es diente einzig und allein dem Spaß.


Wäre auch schlimm, wenn du beim ersten mal direkt besser wärst als ich“, grinste Philipp.


Ach, ich hätte nichts dagegen“, grinste Holger schelmisch. Aber es war klar, dass es nicht so sein würde. Störte den Innenverteidiger auch nicht weiter, es war ganz schön zu sehen, wie stolz Philipp war, dass er diesesmal derjenige war, der keine Chance hatte. Er ließ es sich nicht heraushängen oder gab mit seinem Können an, dennoch glaubte Holger es in seiner Mimik lesen zu können.


„Ich bin froh, dass Thomas nicht dabei ist“, rutschte es Holger dann plötzlich ohne jeglichen Zusammenhang heraus. Für ihn selber bestand da Zusammenhang, immerhin fühlte er sich richtig wohl in Philipps Nähe, ohne Thomas' nervende Witze und Kommentare.

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