Kapitel 111 -Wachsende Sehnsucht



Diese Worte waren toll. Sofort verstärkte sich das Lächeln auf seinen Lippen und Philipp beugte sich hinab, um ihn ganz sanft zu küssen. Mit einer Hand stützte er sich auf der Matratze ab.
„Das hast du süß gesagt“, flüsterte er gegen seine Lippen.


Erneut zeichnete sich ein leicht rötlicher Schimmer auf Holgers Wangen ab, als Philipp sich zu seinen Worten äußerte. Ob er überhaupt welche erwartete? Erhofft hatte Holger sich eine Erwiderung, die die Worte Liebe oder zumindest lieb haben beinhaltete, aber vielleicht war das noch zu viel verlangt. Langsam angehen lassen, war nicht verkehrt. Holger führte diese ''Beziehung'' immerhin gedanklich schon einige Wochen länger und war sich demnach schon sicher, was er fühlte. Mehr als sicher, wenn er die Lippen des Kapitäns auf seinen spürte.


Vermutlich weiß ich das gar nicht, aber du kannst es mir ja nach und nach zeigen.“ Philipps Stimme war ganz leise, der Situation angepasst. Und die Worte? Sie waren ehrlich. Philipp ahnte, dass er es sich nicht vorstellen konnte, wie groß die Gefühle von Holger waren. Sie waren stärker als seine eigenen, davon ging er aus. Es wäre närrisch etwas anderes zu denken. In dem Punkt sah er der ganzen Situation realistisch ins Auge. Aber er wusste auch, dass es gerade nicht wichtig war, wer mehr und wer weniger fühlte. Es war nur wichtig, dass sie etwas fühlten.


Holger war so eingenommen von Philipps Anblick, dass er selber gar nicht wirklich realisierte, dass auch der Ältere ihn genau betrachtete. Wahrscheinlich war es besser so, sonst wäre er nur wieder nervöser geworden.

Sein Blick verfolgte die Hand, mit der sich Philipp abstützte. Im nächsten Moment war er schon abgelenkt, da sein Gesicht näher kam und er den warmen Atem schon auf seiner Haut spüren konnte. Sein Blick wanderte zu den Augen des Älteren, lächelte, bevor ihm dies durch den Kuss vorerst untersagt wurde. Es war nur eine sanfte und zarte Berührung ihrer Münder und doch fühlte es sich für Holger intensiv und voller Wärme an. Die Ablehnung, die Philipp ihn hat spüren lassen, war komplett verschwunden. So als habe er sie vollständig über Bord geworfen, als sie auf dem Boot herum gesegelt waren.

Holger löste eine Hand von seinem Gesicht und legte sie auf Philipps starken Oberarm, der zum Abstützen diente und fuhr soweit es ihm durch diese Position möglich war, mit seinen Fingern abwärts. Neugierig blickte er auf jeden Muskel, der nicht vom Ärmel bedeckt war und über den er gestrichen hatte. Das fühlte sich toll an. Doch es war längst nicht genug.


Philipp sagte nichts, konzentrierte sich auf die Hände, die er mal mehr, mal weniger fest auf seiner Haut spürte. Er sah Holger ins Gesicht, während dieser seinen Arm anschaute, den er gerade berührte. Es fühlte sich anders an als das, was er bisher mit anderen Menschen genossen hatte. Holger hatte starke Hände, sie waren auch etwas rau, aber ihm gefiel das. Ob es jetzt an den Händen lag oder daran, dass es eben Holgers Hände waren, vermochte er nicht zu sagen. Aber es war egal. Wichtig war, dass es sich gut anfühlte.


Philipp wollte, dass er es ihm Stück für Stück zeigte und dieser Anforderung nahm sich Holger nur zu gerne an. Zeigte mit seiner unbeschäftigten Hand, dass er ihn begehrte, in dem er sie vom Gesicht hinunter, dem Kinn und dem Hals abwärts bewegte, weiter zu seiner Brust und zwischen dieser und seinem flachen Bauch ablegte. Stets verfolgte er die Bewegungen mit seinem Blick, ehe er ihm wieder andächtig in die Augen sah. Es gefiel ihm seinen Körper zu ertasten, aber er würde seine Hände niemals unter das Shirt gleiten lassen. Das war zu viel und zu schnell, das traute er sich nicht. Und es wäre auch jetzt nicht richtig, da Sex jetzt nicht relevant war. Dazu war eine ganze Menge Vertrauen notwendig. Holger konnte aber die Frage beantworten, dass er Philipp vertraute. Wieder vertraute, nachdem er vor einigen Wochen mit Jupp über ihn gesprochen hatte.


Philipp wollte gerade etwas sagen, als er abgelenkt wurde. Die andere Hand ging auch auf Wanderschaft. Die Berührung erinnerte ihn an das, was Holger eben gemacht hatte, als er kein Oberteil getragen hatte. Sofort verstärkte sich wieder sein Herzschlag. Er dachte daran, wie sich das anfühlen würde, wenn sie jetzt nicht das Shirt trennen würden, wenn Haut auf Haut liegen würde.
Der Gedanke ließ ihn lächeln, aber er weckte auch die Neugier. Philipp wollte auch… die Hand diente also zum Abstützen, dann konnte er die andere ja auch verwenden. Ähnlich wie Holger.


Dieser konnte fühlen und durch das Lächeln auch erkennen, dass Philipp das hier zwischen ihnen genauso genießen konnte, wie er es selber tat. Das war dem Innenverteidiger unglaublich wichtig. Er sollte ihn nicht nur küssen, weil er es sich so sehr wünschte. Das sollte alles aus freien Willen passieren. Wegen seinen Gefühlen, wie stark sie auch sein mochten.


Bloß stellte sich Philipp die Frage, ob er zu forsch sein würde, wenn er sich direkt unter das Shirt wagen würde. Er glaubte aber kaum, dass Holger da ein Problem mit haben würde. Und wer nicht wagt, der nicht gewinnt, oder?


Holgerspürte die Hand, die seinen Körper hinunter streichelte und durfte, sehr zu seiner Verwunderung, feststellen, dass sein Hemd ganz langsam und vorsichtig hochgehoben wurde.


Philipp wagte es. Ganz langsam suchte sich die Hand den Weg zum Saum des Shirts, hob es etwas an und glitt beinahe noch langsamer darunter. Sein Herz schlug noch schneller als er die Haut ertastete. Beinahe zögerlich suchte er Holgers Blick, wollte Bestätigung, dass es okay war, was er da tat.


Hastig senkte Holger den Blick, suchte die Hand, die gerade unter sein Shirt geschlüpft war und die kräftigen Finger Philipps seine nackte Haut berührten. Augenblicklich beschleunigte sich sein Herzschlag noch um einiges mehr und auch seine Atmung gestaltete sich für einen kurzen Moment ruckartiger. Überrascht wollte er Philipps Blick einfangen und stellte fest, dass dieser die selbe Idee gehabt zu haben schien. Kaum merklich nickte Holger, hatte den fragenden Ausdruck in dessen Gesicht erkannt und darauf geantwortet. Als ob Philipp je etwas verkehrt machen könnte, so zärtlich und vorsichtig er vorging.

Es war für beide neu, aber Holger war froh, dass der Kapitän sich mutig unter sein Shirt vorgewagt hatte. Dieser Moment, in dem Philipps Hand den Oberkörper erkundete und die warmen Fingerkuppen spürbar auf ihn einwirkten, könnte ewig dauern. Leise seufzte der Jüngere und neigte den Kopf zur Seite, um Philipps Wange liebkosen zu können. Sorgsam hauchte er viele, kleine vereinzelte Küsse auf die glattrasierte Haut, während er durch die eigene große Aufregung, die seinen Körper durchflutete, seinen Herzschlag fest in seinem Körper wahrnehmen konnte, wodurch er das Gefühl hatte, er hörte es förmlich dröhnen.


Plötzlich hämmerte es an der Tür. Philipp zuckte erschrocken zusammen und zog sofort die Hand zurück.


Zu dem Dröhnen mischte sich plötzlich ein Klopfen, was Holger aufschrecken ließ.


Philipp blickte Holger aus großen Augen an. Vor Aufregung hatte sich sein Herzschlag noch mal beschleunigt und vor allem war es lauter geworden, dröhnte nun auch ihm in den Ohren.


Philipp sah ihm ebenso entgeistert entgegen und zog die Hand unter dem Shirt hervor.


Es klopfte jetzt nicht wirklich an der Tür, oder?


„Hey, kommt ihr mit eine Runde kickern bevor es Essen gibt?“


Manuel. Philipp verdrehte die Augen, seufzte genervt und erhob sich, um zur Tür zu tapsen und sie zu öffnen.


Wegen kickern mussten sie sich jetzt voneinander lösen? Holger ließ genervt seinen Kopf auf die Matratze sinken und schloss die Augen, ehe er tief durchatmete, um sich nicht aufzuregen. Gerade war so ein toller Moment voller Innigkeit und dann wurde dieser so jäh zerstört.


Wer ist denn dabei?“


„David bisher, aber der wollte Shaq noch fragen“, erklärte Manuel und sah den Flur entlang. „Ich bin auch dabei“, meldete sich Thomas zu Wort. In dem Moment kamen auch David und Shaq wieder.


„Oh, damit sind wir vier“, grinste Manuel entschuldigend. Philipp winkte ab. „Ist doch egal. Wir kommen gleich zum Anfeuern runter.“


„Okay.“ Manuel lachte und die Truppe verschwand. Zumindest ging Philipp davon aus.


Der Ältere ging wieder ins Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Er lehnte sich daran und ließ den Kopf mit einem stumpfen Aufschlag dagegen fallen. Super Timing.


Stimmen ertönten, danach wurde die Tür wieder geschlossen, die Philipp eben erst geöffnet hatte. Holger hob träge seine Augenlider an und blickte auf den Kapitän, der an der Tür lehnte und sich nicht regte. Er wirkte nicht sonderlich begeistert von dem ungebetenen Besuch.

Wenigstens haben sie angeklopft und sind nicht einfach reingestürmt“, versuchte Holger es schön zu reden. Vielleicht war es besser so, wer wusste schon, worauf das hinausgelaufen wäre. An Sex wollte er noch nicht denken, er hatte zwar geträumt und sich schon oft vorgestellt, wie schön es war, wenn Philipp ihn berühren würde, und das war es auch in der Realität, aber bevor es zu weiteren Intimitäten kommen würde, musste bei dem Kapitän erst etwas passieren. Er musste anfangen ihn zu lieben, sonst könnte Holger das irgendwie nicht, auch wenn er ihm vertraute.


Das wäre ja noch schöner gewesen“, brummte Philipp. „Wir schließen ab sofort immer ab.“ Er wollte solche Moment nicht dadurch stören, dass einer von ihnen plötzlich aufspringen musste, um die Tür zu verschließen. Am besten immer einmal den Schlüssel umdrehen, wenn sie das Zimmer betraten.

Holger wurde hellhörig. Was sagte Philipp da? Sie schlossen ab sofort immer ab? Immer, hieß Wiederholung. Zumindest deutete es darauf hin. Ein seliges Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht, als er nickend zustimmte.


„Willst du wirklich runter oder hast du das nur so gesagt?“, schmunzelte er, richtete den Oberkörper auf und stützte sich mit den Armen nach hinten ab.


Philipp öffnete die Augen und sah, wie Holger sich etwas aufgesetzt hatte. Wenn er ehrlich war, würde er gerne da weiter machen, wo sie aufgehört hatten, aber der Moment war irgendwie auch zerstört. Die Ruhe war einfach raus, es war total seltsam. Allein die Vorstellung jetzt da weiter zu machen, erschien ihm komisch. Gerade in dem Moment hat es irgendwie gepasst, es war perfekt, aber wenn er sich jetzt vorstellte sich einfach wieder über ihn zu beugen und die Hand unter das Oberteil gleiten zu lassen…nein, das wäre irgendwie auch nicht richtig.

Lass uns runter gehen“, schlug er vor. „Mario wird da bestimmt auch rumlaufen.“ Das Lächeln auf seinen Lippen wurde etwas traurig. Er wusste, was der Stürmer Holger bedeutete.


Hoffentlich“, meinte Holger nur seufzend. Was war er für ein schlechter Freund? Mario reiste morgen ab und er verzog sich mit Philipp, obwohl der Stürmer immer für ihn da war. Es war richtig so, dass sie unterbrochen wurden, damit er noch zu Mario konnte. So fand der Innenverteidiger es nicht mehr ganz so schlimm, dass ihre Stimmung zerstört wurde.


Wir können das hier jederzeit wiederholen, aber die Zeit mit Mario nicht. Also komm.“ Philipp ging auf Holger zu und hielt ihm die Hand hin, um ihn aufzuziehen.


Holger war so in seiner nachdenklichen Verfassung versunken, dass er anfangs gar nicht so richtig realisierte, dass Philipp die Wiederholung direkt ansprach. „Was?“, nuschelte er überrascht, als die Hand des Kapitäns vor seinem Gesicht auftauchte.

Dann aber durchbrachen seine Worte, seine Gedanken und er lächelte automatisch. „Du hast schon Recht.“ Wieder kam er nicht umher zu seufzen. „Mario hat es verdient, dass wir jetzt noch bei ihm sind.“ Auch, wenn es der Stürmer nicht zugab, konnte sich Holger vorstellen, wie schwer es Mario insgeheim fiel den Verein und seine Freunde hinter sich zu lassen. Dennoch, und dessen war sich Holger eigentlich vollkommen sicher, fiel ihm der Abschied zumindest ein klein wenig leichter, weil er ihn nun in besten Händen wusste. In Philipps Händen, in denen er auch sein wollte und hingehörte.

Er griff nach Philipps Hand und ließ sich hochziehen, damit sie gemeinsam nach unten gehen konnten.



Auf dem Weg dorthin schwiegen sie, doch auf Holgers Gesicht war klar und deutlich ein positiver Ausdruck. Eigentlich war es gut, dass Mario die Freude trübte, sonst wäre er hier rumgelaufen wie ein grinsendes Honigkuchenpferd. Und das bei seiner Verletzung wäre auch etwas fadenscheinig rübergekommen.


Den Lärm, den Manu und die anderen beim Kickern, von sich gaben, war schon von weitem zu vernehmen. Doch Mario fanden sie nicht im Aufenthaltsraum.


Bleibst du hier oder suchst du ihn mit?“, fragte Holger nach. Er wusste ja nicht, wo Philipp sich lieber aufhielt.

Der Kapitän sah Holger an, lächelte und schüttelte dann den Kopf. „Such du ihn ruhig. Ich bleibe hier bei den anderen.“ Kurz legte er noch die Hand auf Holgers Schulter, ehe er sich zu dem Kicker gesellte. Es war besser, wenn Holger ihn alleine suchte. Er hatte da nichts verloren. Es war das Dreiergespann aus den beiden und Bastian, die die letzten Stunden zusammen verbringen sollten. Er und Holger konnten sich jederzeit noch sehen. Würden sich vor allem jederzeit sehen. Zumindest in Trentino. Und in München? Das wusste er nicht. Jetzt zumindest nicht. Irgendwann würde er das ganz sicher auch wissen.
Manuel und die anderen lenkten ihn perfekt von seinen Gedanken ab. Unbeschwert lachte Philipp und alberte mit ihnen herum. Er könnte das nicht, wenn zwischen ihm und Holger immer noch alles so komisch gewesen wäre. Er wäre gedanklich andauernd bei ihm gewesen, hätte seine gute Laune vorgetäuscht, aber das brauchte er nicht mehr. Er konnte jetzt von Herzen aus glücklich sein, denn Holger war es auch. Und Philipp würde dafür sorgen, dass er gar nicht erst die Chance bekam lange hinter Mario her zu trauern. Er würde ihn ablenken und bei Laune halten. Das versprach er sich selber.


 

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Kommentare: 2
  • #1

    Julia - 28 (Sonntag, 08 Februar 2015 21:41)

    Hallo :)
    Die beiden sind schon zwei schöne so richtig knuffig wie die miteinander umgehen und was die immer für bedenken haben.
    Aber zur Zeit ist ja alles schön für die beiden bis auf den Aspekt das Mario gehen wird und somit ein guter Freund von den beiden weg fällt ...
    Naja aber die werden es wohl hinbekommen so wie jedes mal :)!
    Hoffentlich findet Holger Mario schnell :)

    LG Julia :)

  • #2

    Mailiw Alba (Sonntag, 08 Februar 2015 22:48)

    Och Jungs! Stört doch nicht immer ihr Vollhonkis! :D
    Kommen eigentlich diese neuzugänge wie Xabi und Pepe in späteren Kapiteln vor
    oder ist das Zeitlich zu weit weg bisher? :D Kein Plan, aber so bissel Xabi
    kann nicht schaden! Aber hach.. mal schauen wie es mit Mario und Holgerchen
    weiter geht in den Kapiteln und was sie so an ihrem Tag den sie noch haben
    so machen :)

    Weiter so! :)
    Mailiw Alba