Kapitel 124 -Drei ist einer zu viel



Sie waren also an einem Freitag zurückgekommen. Er hatte noch ein paar Nachrichten mit Holger ausgetauscht, aber mehr war da nicht. Auch den Samstag nicht. Dieser Tag war frei, das ganze Wochenende sogar und er wollte den Tag mit seinem Sohn verbringen. Was hatte er ihn vermisst.
Aber er vermisste irgendwie auch Holger. Das war echt schrecklich… es war seltsam ihn nicht mehr zu sehen, nachdem sie sich so oft und auch so intensiv gesehen hatten in den letzten Tagen.


//Musst du morgen auch zur Säbener? Sehen wir uns? Vermisse dich :-*//


Sie saßen gerade beim Mittagessen als Philipp ihm diese SMS schrieb.


Sag mal… wollen wir Sonntagabend nicht mal wieder so richtig ausgehen? Richtig schick Essen und danach… na ja ein Abend nur für uns halt.“ Seine Frau schmunzelte etwas.


Sie zwinkerte ihm außerdem zu und Philipp verstand, was sie vor hatte. Gut, das konnte man immer noch gucken, aber nur ein Abend für sie zwei klang ganz gut. Er war es ihr schuldig, ganz klar. Auch, wenn er diesen Abend lieber auch mit Holger nutzen würde. Er musste sich wohl daran gewöhnen. Dann hatte er so eben nur einen Abend mit Holger.
Dachte er…



Holger hatte Samstag wieder eine Rehaeinheit. Unterdessen hielt er mit Philipp per SMS Kontakt, wenn sie sich schon nicht sehen konnten. Ihm war das nicht genug, doch er wollte ihn nicht drängen und bitten zu ihm zu fahren. Der Kapitän hatte ihm lediglich mitgeteilt, dass er sich keine Sorge machen musste, dass er ihn nun wieder wegstieß. Erleichternd zu wissen, aber doch machte es die Situation nicht besser. Holger war allein und Philipp bei seiner Familie.  
Wie er es schaffte die Tage hinter sich zu bringen, konnte er im Nachhinein gar nicht sagen, aber alle schlechten Gedanken waren verflogen durch eine kleine, kurze Nachricht des Kapitäns, die sein Herz sofort höher schlagen ließ.  
Er witterte sofort seine Chance ihn wieder für sich zu haben, wenigstens für einen Tag, und schickte ihm sofort die Antwort.


//Ich hab bis fünf Reha. Komm am besten morgen Abend vorbei, dann machen wir es uns gemütlich. Ich freu mich schon! Dein Holger//

Und wie er sich darauf freute Philipp wieder näher zu kommen, als es für Freunde üblich wäre. Der Kapitän war für ihn eine wahnsinns Verführung. Für Holger das Stichwort. Wieder kamen Gedanken in ihm auf, wie es wohl war mit dem Kapitän. Ob er überhaupt diesen Schritt mit ihm gehen wollte. Holger jedenfalls wollte es und hatte sogar mithilfe eines anonymen Tabs recherchiert, worauf man achten musste. Aber es hatte nicht lange gedauert, da hatte er mit feuerrotem Kopf die Seite geschlossen. Er würde es wohl oder übel auf sich zukommen lassen müssen. Was er aber nicht dem Zufall überlassen wollte, war der gemütliche Abend mit Philipp.

Nach der Reha am Samstag kaufte er Wein für den Kapitän. Er selber durfte noch keinen verzehren, wenn er nicht wieder mit Magenschmerzen im Bett landen wollte. Außerdem überlegte er, was er am besten zu für Philipp und sich zu Essen bestellen sollte.

Er plante alles, stellte es sich in seinen Gedanken richtig romantisch vor und freute sich schon darauf, wenn es endlich 17:00 Uhr schlug, damit er sich seinem Vorhaben widmen konnte für sich und Philipp einen romantischen, perfekten Abend zu gestalten.

Während er immer noch mit der Essensplanung beschäftigt war, begab er sich nach seiner Ankunft daheim ins Badezimmer und packte dort die Einkaufstüten von gestern aus. Kerzen kamen zum Vorschein. Er plante ein romantisches Bad mit dem Älteren. Wenn Philipp nicht wollen würde, konnten sie zur Not auch die Shorts anlassen, aber sie konnten sich in entspannter Atmosphäre nahe sein. Die Badewanne war schließlich groß genug für zwei. Schüchtern betrachtete er die nach Lavendel duftenden lila Kerzen, die er jeweils an den Ecken platzierte.
Auch ein Schaumbad kam aus der Einkaufstüte zum Vorschein. Großzügig kippte er etwas in die Wanne, das sich sofort mit dem einlaufenden, sehr heißen Wasser verband. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass das Wasser auch eine Weile aushalten musste, denn der Kapitän hatte sich bislang nicht angekündigt, wann er denn in etwa aufschlug. Sollte er allerdings ohne Angabe einer Uhrzeit bei ihm aufkreuzen, sollte alles bereit stehen. Mit einem Feuerzeug zündete er schon einmal die Kerzen an und erschrak, als es just in dem Moment an der Tür klingelte. Er schaute aufs Handy. Keine Nachricht. Wahrscheinlich war es Philipp. Nervös hetzte er zur Tür und setzte ein liebes Lächeln auf, das im nächsten Moment augenblicklich verschwand. „Basti? W-was machst du denn hier?“


Der Vize hielt grinsend Bier hoch. „Ich dachte, wir machen uns heute einen Männerabend. Sarah ist unterwegs und du hast sicher auch Bock auf Zocken...“ Er deutete den Blick so, als glaubte er, dass er ihm alkoholisches Bier unterjubeln wollte. „Keine Sorge, ist auch alkoholfreies dabei. Aber ein Bier wird schon nicht schaden.“ Das sah Bastian nicht so eng, so viel Alkohol war in einem Bier ja auch nicht. Ungefragt drängte er sich an Holger vorbei, stellte den Kasten ab und und bemerkte den wohl riechenden Duft, der in der Luft lag.


„Basti, ich hab, also -“


Der Vize ignorierte ihn komplett und verfolgte die Herkunft des guten Geruchs, der ihn ins Badezimmer führte. Ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht, als er sich zu Holger drehte.


Du erwartet wohl noch deine Cora. Hättest du das mal gleich gesagt.“


Holger folgte Bastian mit hängenden Schultern und nickte zögerlich. Was sollte er auch sagen? Dass er auf Philipp wartete, um mit ihm ein Bad zu nehmen und sich näher zu kommen? Und für sich selber Kerzen anzuzündeh und sich so ins Zeug zu legen, war auch eher unrealistisch. Bastian war nicht auf den Kopf gefallen.


„Dann störe ich nicht und hau wieder ab, bevor sie hier aufkreuzt.“ Er klopfte Holger anerkennend auf die Schulter, packte den Kasten Bier und grinste ihn noch einmal amüsiert an. „Viel Spaß, Tiger!“


Danach schlug die Tür hinter ihm zu. Holger hatte sie zugemacht, weil sonst sein Kopf vor Schamesröte explodiert wäre.
Er schüttelte schnell den Gedanken an Bastians Vermutungen ab und zückte sein Handy.


//Wann kommst du denn ungefähr? ;) //


Gut, die Frage sorgte nicht unbedingt dafür, dass sich die Hautfarbe in seinem Gesicht wieder normalisierte, aber nachfragen musste er.


Der Samstag verging also relativ schnell und es wurde Sonntag. Philipp hatte Holger noch geantwortet, dass er sich freuen würde. Das tat er wirklich. Der Kapitän stellte sich den ganzen Tag darauf ein, dass er später zu Holger fahren würde. Er musste nur noch überlegen, wie er es am besten Claudia sagte. Die Zeit tickte und irgendwann war es halb fünf. Seine Frau war duschen… warum auch immer. Philipp schaute auf die Uhr und unaufhörlich verstrich Sekunde für Sekunde.
Als er die Tür vom Badezimmer hörte, ging er mit Julian auf dem Arm ins Schlafzimmer und ließ sich auf dem Bett nieder. Claudia stand vor dem Kleiderschrank.


„Was machst du?“, fragte er etwas verwirrt. Sie schaute sich verschiedene Kleider an. Musste sie heute schon gucken, was sie morgen anzog, oder wie? Verstehe einer die Frauen…


Claudia hingegen drehte sich verdutzt um, ehe sie lachte. „Na, was glaubst du denn? Ich gehe doch nicht nur im Handtuch mit dir essen. Das hättest du wohl gerne.“ Amüsiert kicherte sie, ehe sie sich wieder umdrehte.


„Was?“, Philipp klang verdutzt.


„Na, wir haben doch gestern gesagt, wir gehen heute essen. Hast du das schon wieder vergessen?“, tadelnd sah sie ihn an.


In Philipp arbeitete es. Sie wollten doch Sonntag essen gehen und heute war doch… nein, heute war kein Samstag. Warum dachte er, dass heute Samstag wäre? Irgendwie war er mit den Tagen voll durcheinander gekommen.


Just in dem Moment meldete sich sein Handy zu Wort. Sofort zog er es heraus. Schon der Name machte ihm ein schlechtes Gewissen und die Worte dann erst recht.
„Scheiße“, zischte er.


„Wie bitte?“, fragte Claudia nach, ließ aber nicht von ihren Kleidern ab.


Philipp musterte sie, ehe er seufzte. Das konnte er nicht bringen. Er konnte ihr nicht absagen. Vor allem nicht, nachdem das mit ihr zuerst stand.


Der Kapitän schnappte sich also Julian wieder und verschwand mit ihm ins Wohnzimmer. Dort schrieb er die Antwort an Holger. Oder wollte es. Er tat sich verdammt schwer damit. Andauernd löschte er Buchstaben und fügte neue hinzu, ehe er sie so abschickte:


//Holger, ich… ich hab mich irgendwie mit den Tagen vertan. Ich hab für heute schon Claudia einen gemeinsamen Abend versprochen. Es tut mir leid! Ich würde lieber zu dir fahren. Wir holen das nach! Versprochen! Ich vermisse dich immer noch :-*//


Philipp hatte hin und her überlegt, sich aber dann für die Wahrheit entschieden. Und die war nun mal, dass er den Abend mit Claudia verbrachte. Sie hatten immer noch nicht über das Thema geredet. Vielleicht war das ein guter Anhaltspunkt. Aber er wollte immer noch nicht. Er wollte und konnte sich nicht entscheiden, aber er war ein Arsch, wenn er es nicht tat. Der Kapitän seufzte. Manchmal war das Leben echt hart.



Es vergingen nur einige Minuten. Holger hatte sein Handy aufs Waschbecken gelegt, während er die Kerzen schön anordnete, damit es ein traumhaftes, sinnliches Bild ergab. Er war sonst gar nicht so kreativ, aber es machte ihm Spaß und er wollte Philipp zeigen, wie wichtig er ihm war. Er freute sich total auf den romantischen Abend, auch wenn er nervös war. Normalerweise plante man das mit einer Frau und nicht für seinen Teamkollegen. Aber es war egal. Hauptsache Philipp mochte es bei ihm zu sein. Holger griff nach seinem Handy. Auf seinem Gesicht ein erwartungsvolles, vorfreudiges Lächeln. An Bastians Aufkreuzen dachte er schon gar nicht mehr, der ihm eventuell die Stimmung hätte verderben können.


Die Laune verdarb ihm dann aber Philipps Nachricht. Nur ganz langsam sanken die Mundwinkel.
Er wusste in dem Moment nicht einmal ob er ihm das glauben sollte. Der Gedanke, warum er ihn anlügen sollte, kam ihm natürlich auch in den Sinn und er fand darauf keine plausible Antwort. Holger wusste ja auch, dass der Ältere noch eine Frau zu Hause hatte, die sich auch Zeit mit ihm erhoffte. Aber warum musste es genau der Tag sein? Claudia als Konkurrentin war schon hart genug für Holger, aber jetzt im direkten Vergleich auch noch den kürzeren zu ziehen, war eine grausame Enttäuschung für die unerwiderte Liebe. Holger konnte nur müde schmunzeln, als er sich die Nachricht zum zweiten Mal durchlas. Warum fuhr er denn nicht zu ihm, wenn er lieber bei ihm war? Nichts hielt ihn bei Claudia... obwohl, doch. Vieles hielt ihn bei seiner Ehefrau. Der gemeinsame Sohn, das Eheversprechen und anscheinend auch seine Liebe zu ihr.
Holger ließ sich langsam auf den Boden sinken, das Handy glitt ihn aus der Hand. Traurig lehnte er den Kopf gegen die kalte Wand im Badezimmer und blickte auf das vorbereitete Bad mit den vielen flackernden Kerzen. Ein trauriges, enttäuschtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Es hätte schön werden können, richtig schön, aber es sollte wohl einfach nicht sein. Nicht heute... vielleicht sogar nie?
Beschämt griff er in seine Hosentasche und das noch verpackte Kondom heraus, das er träge in den nächsten Mülleimer beförderte. Er drehte den Kopf leicht, atmete tief ein und pustete zwei Kerzen, die nebeneinander standen, mit einem Atemzug aus.
Danach nahm er sein Handy wieder in die Hand.


//Kann ja mal passieren. Bis morgen dann.//


Die Nachricht klang distanziert, beinahe schon phlegmatisch, aber was sollte er sonst schreiben? Sollte er ihm noch viel Spaß mit seiner Frau wünschen? Während die im Bett landen würden, würde er entweder alleine ein Bad nehmen oder sich in sein Bett verkriechen. Eine tolle Aussicht für dass, das er sich so auf Philipp gefreut hatte.



Philipp las Holgers Nachricht jetzt schon zum wiederholten Male. Er hatte bloß ein //Tut mir wirklich leid.// darauf geantwortet. Erst mit etwas Verspätung schickte er die Frage hinterher, ab wann er morgen Abend Zeit hätte. Allerdings gab es da immer noch einen Haken. Wie erklärte er Claudia, dass er bei Holger übernachten würde? Ein Männerabend? Da Dienstag eh erst nachmittags Training war? Es wäre eine Möglichkeit.
Allerdings hatte er auch Angst, dass Holger ihn gar nicht sehen wollte. Dass er verletzt war. Oder sogar wegen Claudia. Stumm seufzte er. Das war doch bescheuert.

Es fiel ihm auch schwer richtig abzuschalten. Erst nach und nach konnte er sich beim Essen mehr auf Claudia konzentrieren. Und doch war Holger immer in seinem Hinterkopf. Die ganze Zeit. Der Innenverteidiger hatte ihm ganz schön in den Kopf verdreht. Wie konnte das bloß passieren? Wie konnte er Gefühle für Holger entwickeln? Holger war doch bloß ein Freund, ein Kollege… nie hatte er mehr in ihm gesehen. Und jetzt? Jetzt war es so weit, dass er ernsthaft verliebt war und dieser ihm sogar schon seine Liebe gestanden hatte.
Philipp seufzte.


„Hallo?“


Hm?“, er hob überrascht den Kopf und sah Claudia verwirrt an.


Diese lächelte gütig. „Na, da war aber jemand richtig in Gedanken. Ich habe dich gefragt, ob wir hier noch etwas trinken oder schon nach Hause wollen.“


„Die haben doch diese schöne Lounge. Wollen wir da noch etwas trinken und dann fahren?“, schlug er vor, lächelte leicht. Sie nickte, schien zufrieden und Philipp verbannte Holger wieder aus seinem Kopf. Nur für ein paar Stunden.

Der Abend endete für die beiden wirklich im Bett. Philipp wurde bewusst, dass Claudia genau das gebraucht hatte. Zum einen die sexuelle Befriedigung, aber irgendwie auch die Bestätigung von ihm. Und Philipp? Er konnte sich sogar voll und ganz auf seine Frau konzentrieren und es genießen. Hätte er gewusst, was Holger vor gehabt hatte, hätte das vielleicht alles ganz anders ausgesehen.


Nachdem Holger sich wieder einigermaßen von seiner Enttäuschung über den verpatzen Abend gefangen hatte, ließ er das warme Wasser aus der Badewanne, blies alle Kerzen aus und räumte auch das Geschirr beiseite. Das bestellte Essen landete im Kühlschrank und Holger im Bett. Er sah sein Handy noch aufleuchten, aber die Nachricht las er erst am nächsten Tag.



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Kommentare: 4
  • #1

    Minnie Lee (Dienstag, 14 April 2015 09:25)

    Halloooo! :)
    Ich bin zurück aus dem Krankenhaus und wieder etwas erholt und musste endlich nachlesen was ich verpasst habe... ^^

    Holger tut mir voll leid...da gibt er sich extra Mühe für einen tollen Abend und dann wird das nix...
    Wenigstens muss er sich erstmal keine Gedanken mehr um Basti machen...
    Ich bin neugierig wie es Holger wohl am geben wird, wenn er seinen Liebling wieder trifft...

    <3 Minnie

  • #2

    Tini (Dienstag, 21 April 2015 15:27)

    Hallihallo. Endlich, endlich habe ich eure Seite wieder gefunden und mich auf den neuesten Stand gebracht. Was habe ich sie vermisst. Aber das kommt davon, wenn man den Link nicht speichert und die Pns bei ff gelöscht sind. :( Ich freue mich, dass die beiden endlich zueinander gefunden haben und hoffe es geht gut weiter. Freu mich schon auf das nächste Kapitel. Lg, Tini

  • #3

    Engel (Mittwoch, 22 April 2015 21:50)

    Philipp hat Holger gar nicht verdient
    Schön für ihn, dass er zu bequem ist reinen Tisch zu Machen
    Da hält er sich Holger lieber als Affäre und schnipst wenn er grade zeit hat
    Wenn doch nur Basti oder Mario davon wüssten
    Die würden dem kleinen feigen Arsch den Marsch blasen!

  • #4

    Mailiw Alba (Freitag, 08 Mai 2015 23:11)

    Huhu
    Das war jetzt ein Kapitel wieder mit Tiefe! Hach ich leide mit Holger! Ich leide so mit ihm.. hach.. armes Wesen da! Blöder Fipsel.. der blöde Schnipsel.. Gah Claudia mach dich ab, du Nuss lol.
    Hach ich weiß gar nicht was ich so sagen soll.. Kaffeeshirt? :D :'D haha.. wäre doch jetzt zum knuddeln schön gewesen.. hihi..
    Aber ich les mal weiter.. uh noch 3 Kapitel.. heieiei!