Kapitel 27 - Heißes Missgeschick


Philipp forderte J10 und Holger verneinte grinsend. Das Spiel tat mit seinen Soundeffekten das selbe. Ein kurzer Blick zu Schwester Anna, die ihm verriet, wohin er jetzt als nächstes zielen musste, ehe er wieder zu Philipp schaute. Ob er sich schon seiner Niederlage bewusst war? Jetzt brauchte Holger nicht mehr daneben zu tippen, hatte er zum Schein oft genug getan.
„A4“, gab er ein und sprach auch die Kombination, die ihn zum Sieg führte, laut aus.

„Scheiße“, Philipp ließ sich in seinem Stuhl zurückfallen und warf den Kopf in den Nacken, als das Spiel mit lauter Musik Holgers Sieg verkündete. Eigentlich dachte er das wäre es gewesen, aber nein, das Spiel schickte noch ein „Loser“ hinterher. Na ganz toll.

Auf dem Gesicht des Innenverteidigers bildete sich mit einem Mal ein zufriedenes Lächeln. „Game over“, schmunzelte er, unterdrückte das überhebliche Grinsen vorerst, um Philipp auch noch zu loben. „Du warst echt gut.“

Philipp beugte sich wieder nach vorne und musterte Holger. Da war das Grinsen, was er erwartet hatte, was er irgendwie auch sehen wollte.

Da war es dann auch schon vorbei mit der Beherrschung und das hochmütige Grinsen schlich sich nun doch noch auf Holgers Gesicht. „Aber ich war einfach besser.“ Gut, eigentlich nicht. Ohne Schwester Annas Hilfe wäre er wohl der Verlierer gewesen, was Philipp aber nicht wusste. Also durfte er ruhig mit seinem Sieg prahlen.

„Auch die Dummen haben mal Glück.“ Philipp verdrehte die Augen. Glück… oder Hilfe. Vielleicht wirklich Glück, denn Schwester Anna war in Philipps Augen ein einziger Glücksgriff.

„Die Dummen?“ Gespielt empört schnaubte Holger. Aber sparte sich jeglichen Kommentar dazu. Was sollte er auch sagen? Holger wusste, dass der Sieg allein Schwester Annas Verdienst war.

„Da kann ich mir jetzt was drauf einbilden, dass ich den Kapitän besiegt hab, oder?“

„Der Kapitän geht immer als letztes vom Schiff, ich hatte gar keine andere Wahl als unterzugehen“, konterte Philipp und grinste sogar leicht. „Aber ich bin mal kurz weg.“ Der Kaffee zeigte seine Wirkung, also verschwand er schnell auf die Toilette im Gang.

Holger baute schon mal das Spiel ab, während Schwester Anna an den Tisch trat.
„Danke für die Hilfe. Ich wäre sonst wohl untergegangen“, grinste Holger.

Die Krankenschwester wirkte zufrieden. Vielleicht lag es an dem Lächeln, das auf dem Gesicht des Innenverteidigers erschienen war. Sie nickte nur, zwinkerte ihm zu und strich kurz über seinen Arm, ehe sie den Raum verließ.

Das Spiel war recht schnell wieder in der Schachtel verstaut und soviel Zeit war nicht mal vergangen. Trotzdem rückte der Abschied wieder einmal näher. Holger seufzte traurig, senkte seine Mundwinkel wieder. Philipp war womöglich froh, dass er wieder weg konnte. So wie sie diskutierten und stritten, war ihm das nicht mal zu verübeln.


Als Philipp wieder aus der Tür kam, lief er Dr. Steadman in die Arme.

„Ah, Herr Lahm, wissen Sie wo Herr Badstuber ist?“

„Im Aufenthaltsraum… wieso? Was ist denn?“ Er sah den Arzt besorgt an. War etwas mit seinem Knie?

Der Arzt lächelte gutmütig. „Sie müssen nicht besorgt sein. Es sind gute Neuigkeiten.“

„Gute Neuigkeiten? Muss er doch keine zehn Monate pausieren?“, fragte Philipp direkt und Hoffnung keimte in ihm auf, die leider durch das Kopfschütteln des Fachmannes zerstört wurde.

„Bis wir das neue Kreuzband einsetzen können, dauert es noch. Vermutlich wird es Oktober. So lange kann er nicht hierbleiben. Er braucht Unterstützung von seiner Familie und seinen Freunden und eine vertraute Umgebung. Ich habe bereits mit dem FC Bayern telefoniert. Morgen werden Sie einen Teil zusammenfliegen und es gibt wohl einen Zwischenstopp, da trennen sich dann Ihre Wege.“

„Das ist ja toll!“ Breit lächelnd strahlte Philipp den Arzt an.

Dieser nickte. „Er würde verrückt werden, wenn er hier bleiben würde und…“ – Plötzlich machte sich der Pieper bemerkbar, den der Arzt trug. Schnell warf er einen Blick darauf.
„Herr Lahm, ich muss gehen. Teilen Sie Herrn Badstuber das bitte mit? Ich werde ihn morgenfrüh noch mal untersuchen, ehe er entlassen wird“, und dann drehte Dr. Steadman sich um und verschwand den Gang entlang.
Einen kurzen Moment sah Philipp ihm nach, ehe er in den Aufenthaltsraum zurückeilte.

„Holger! Gute Neuigkeiten“, strahlte er als er sich ihm wieder gegenüber setzte. „Du darfst morgen nach Hause!“

Holger war die Überraschung deutlich anzusehen, als Philipp sich eilig wieder auf den Stuhl setzte und ihn richtig anstrahlte. Er durfte nach Hause? Erst langsam drang diese Information zu ihm durch. Wieso das denn? Und woher wusste Philipp das jetzt so plötzlich?
„Wie...also – warum?“ Er wusste gar nicht, was er zuerst fragen wollte. Ein Scherz konnte das nicht sein. Nein, so fies war Philipp dann doch nicht, auch wenn Holger ihm hier schon ziemlich übel mitgespielt hatte. Aber war es nicht eigentlich alles egal? Er durfte nach Hause. Da würde es ihm sicherlich viel besser gehen als in der Klinik, die auch nichts für ihn tun konnte. Da konnte er genauso gut in Deutschland herum sitzen.

Philipp grinste noch breiter. Das war süß zu sehen, wie Holger ins Stottern kam, weil er gar nicht wusste, wie ihm geschah.
„Dr. Steadman wird dir morgenfrüh sicher mehr sagen können. Er will dich dann noch mal untersuchen“, erklärte Philipp ihm. Er wusste nicht, was Holger schon wegen dem Knie wusste, deswegen schwieg er lieber. War ja auch erst mal egal, warum, Hauptasche, er konnte wieder zurück nach Deutschland.

Zufrieden lehnte sich Holger zurück, atmete tief durch und lächelte Philipp dann an. „Ich freu mich.“

Lächelnd nickte Philipp. Natürlich freute er sich. Wer würde sich nicht freuen?

Die Freude war nicht von langer Dauer, denn sie wich in einen kurzen Schockmoment. Ein Mann im Rollstuhl wollte gerade den Raum verlassen. Mit einer Hand musste er die Räder drehen, mit der anderen hielt er seine Tasse Kaffee fest. Beides schien etwas schwierig zu sein, sodass er prompt an Philipps Stuhl stieß und ihm die Flüssigkeit über den Rücken kippte.

Eigentlich wollte Philipp noch etwas sagen, aber plötzlich wurde es nass auf seinem Rücken. Und heiß. Verdammt heiß.
„Ah!“, schrie Philipp, sprang auf und zerrte an seinem T-Shirt, damit der Stoff nicht auf der Haut klebte.

„Oh my God! I'm so sorry!“, rief der Mann sofort aus und schaute sich nach einem Lappen um.

Holger stützte seine Arme am Tisch ab und zog sich so hoch, stand dabei auf einem Bein, während das andere in der Luft schwebte. Seine Augen waren vor Schreck geweitet. Hoffentlich war der Kaffee nicht mehr heiß.

Philipp drehte den Kopf und sah einen Mann im Rollstuhl. Ihm musste das Missgeschick passiert sein. „It’s okay“, wehrte er ab und zog sich das T-Shirt kurzerhand über den Kopf, da er den nassen Stoff nicht komplett von der Haut fernhalten konnte.

Hilflos beobachtete Holger wie Philipp aufsprang und an seinem Shirt zerrte. Schließlich zog er es aus, war aber so mit sich beschäftigt, dass er den überraschten Gesichtsausdruck des Innenverteidigers gar nicht mitbekam. Schwester Anna schien den kurzen Aufschrei wohl gehört zu haben und kam angelaufen.

„Oh, what’s happened? Ihr Rücken ist ja ganz rot, Herr Lahm!“

„So fühlt er sich auch an“, gab er zu.

„Wissen Sie was? Sie gehen mal schön auf das Zimmer von Herrn Badstuber und ich bringe ihnen dann gleich eine Creme zum Kühlen“, dann wandte sie sich dem Patienten im Rollstuhl zu.

„Scheiße“, grummelte Philipp und biss sich auf die Unterlippe. Das brannte schon ziemlich. Er blickte zu Holger. „Na komm, dann kann ich auch gleich das Oberteil auswaschen. Die Krücken…? Ah, stehen da, gut“, er lächelte etwas gequält. Hoffentlich kam Schwester Anna schnell mit der Creme.

Während sie den Gang entlang gingen, ertappte sich Holger ständig dabei, wie er zu Philipp schielte. Zwar war er nicht der einzige, der Philipp, der oben ohne auf dem Gang herum marschierte, ansah, aber bei dem Jüngeren war es doch etwas anderes. Wäre diese Röte, die sich auf Philipps Rücken ausbreitete nicht, wäre der Anblick wirklich nicht schlecht gewesen. Schnell schaute Holger wieder auf den Boden vor sich. Was machte er sich überhaupt Gedanken darüber, wie Philipp aussah? Konnte ihm doch egal sein.

Als sie das Zimmer erreichten, stieß Philipp die Tür auf und verschwand sofort im Badezimmer.

Holger humpelte langsam hinterher.

Philipp verrenkte sich, um sich auf seinen Rücken gucken zu können. „Da brauche ich gar nicht mit Trikot auflaufen Samstag, wenn die Farbe bleibt“, gab er ironisch von sich. Er warf das T-Shirt ins Waschbecken, er würde es gleich durchwaschen.

Holger lächelte leicht, auch wenn der Kapitän damit leider Recht behielt. Der heiße Kaffee hatte alle Arbeit geleistet. „Vail ist einfach nichts für uns“ scherzte er. Holger bekam einen Fußball an den Kopf geknallt und Philipp heißen Kaffee auf den Rücken.

Philipp konnte nur müde lächeln. Ja, da hatte Holger Recht. In mehrfacher Hinsicht wohl…

„Soll ich dir gleich schon mal beim Packen helfen?“, fragte Philipp Holger.

Schaffte er das nicht gerade noch allein? Ach, zur Feier des Tages konnte er sich auch helfen lassen. Aber zu einer Antwort kam es nicht, denn Schwester Anna kam mit der Salbe wieder, die sie Philipp in die Hand drückte.

„Hier die Creme. Können Sie das selber machen? Wir haben grad einen Notfall auf dem Flur...“ Sie verschwand dann direkt wieder.

Etwas unschlüssig sah Philipp Holger an. „Du bist doch so nett, oder?“

„Was?“ Überrumpelt schaute der Innenverteidiger wieder zu Philipp und dann zur Creme in seinen Händen. „Ja klar, warum nicht?“, zuckte er dann mit den Schultern, nahm ihm die Salbe aus der Hand und dirigierte Philipp zum Bett. Dort setzten sich beide und der Kapitän drehte Holger den Rücken zu. Die Haut sah wirklich schmerzhaft gerötet aus. Holger nahm etwas von der Creme in die Hand und berührte erst zaghaft den Rücken. Sofort, als er ihn berührte, zuckte der Kapitän etwas, da wohl die Berührung ein leichtes Brennen verursachte. Danach gab er sich allerdings tapfer. Sowohl Philipp als auch Holger, denn der Innenverteidiger wusste nicht, woher diese geringe Nervosität plötzlich kam, die einfach nicht schwinden wollte. Warum genoss er es so, über die weiche Haut des Kapitäns zu streichen? Das war nicht normal.
Als er eigentlich alle Stellen schon sorgsam eingecremt hatte, konnte er dem Verlangen nicht widerstehen sanft an Philipps Seite entlang zu streichen. Auch wenn da kein roter Fleck war, wie auf dem naheliegenden Hautareal. Scheiße... jetzt brauchte er vielleicht doch eine Ausrede, oder?

Holger bemühte sich sanft zu sein. Zumindest kam es Philipp so vor, auch wenn die Creme im ersten Moment brannte. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Es war schön Holger so ruhig und fürsorglich zu erleben. Ganz anders als seine impulsiven Emotionen auf dem Platz. Es passte aber beides zu ihm irgendwie. Obwohl ihm gerade die weiche Seite lieber war. Er konnte nicht leugnen, dass es gut tat, wie Holger die Hitze auf seinem Rücken etwas linderte. Als er über seine Seite strich, bekam er eine leichte Gänsehaut. Das bekam er fast immer, wenn das jemand tat. Aber eine angenehme Gänsehaut.

„Ich... ich habs etwas weitflächiger eingecremt, damit sich das nicht noch weiter ausbreitet“, versuchte sich Holger rauszureden. Konnte sich das überhaupt ausbreiten? Ach, egal.

Lächelnd drehte Philipp den Kopf. „Danke, Holger.“

Holger erhob sich schnell und schleppte sich ins Badezimmer, um sich die Creme von den Händen zu waschen. Ihm fiel natürlich das durchgeweichte Hemd im Waschbecken auf. „Du kannst ein Shirt von mir haben, bis deines wieder trocken ist.“ Das war definitiv besser, als ständig auf diesen perfekten Body des Kapitäns starren zu müssen.

Ach ja, sein T-Shirt. Philipp schwang sich jetzt auch vom Bett. „Quatsch, die Creme muss ja auch erst mal einziehen. Ich wasche das Shirt jetzt durch und föhne es dann etwas an, dann geht das schneller.“ Kurzerhand spülte er das Shirt noch mal ab und wrang es dann aus, ehe er den Fön schnappte und es etwas trocken föhnte.

Holger seufzte. Er hatte es geahnt. Aber was stellte er sich so an? War doch nichts dabei, wenn Philipp halbnackt im Zimmer rumlaufen würde. Solange er es schaffte die Blicke abzuwenden, war doch alles gut.

Kurz erklang der Fön, bevor Philipp wieder ins Zimmer trat und das angetrockene, nun wieder saubere Shirt, an den Schrank hing. Holger hatte sich derweil aufs Bett gesetzt und versuchte sich krampfhaft mit seinem Handy abzulenken.

„Oh man, also darauf hätte ich echt verzichten können.“ Philipp streckte sich als er aus dem Bad kam und zuckte etwas. Das war nicht die beste Idee, es zog ziemlich. „Heißer Kaffee ist echt unschön, wenn man ihn nicht gerade trinkt.“

Holger sah nun doch auf, wäre sonst zu unhöflich, wenn er ständig nur auf sein Handy starren würde. „ Das kann ich mir vorstellen.“ So rot wie Philipps Rücken aussah, musste es wie verrückt gebrannt haben. Oder immer noch tun. „Hilft die Salbe wenigstens ein wenig?“

„Ja, doch, es tut nicht mehr so weh“, er nickte. „Am besten du cremst mich später noch mal ein und morgen vielleicht auch noch mal.“

Philipp wollte tatsächlich, dass er ihn nochmal eincremte? Noch einmal, oder sogar zweimal, die weiche Haut am Rücken berühren?
„Dann kann ich dir wenigstens auch mal was gutes tun“, nickte Holger. Das entsprach der vollkommenen Wahrheit. So oft wie er Philipp schon weh getan hatte, ihn abgewiesen hatte und auch noch insgeheim Verständnis von ihm erwartete. Und das alles nur wegen Missverständnissen und seinem dämlichen Frust diese Re-Ruptur erlitten zu haben.

Es klang so schön, aber es war doch auch traurig. Musste so etwas extra erwähnt werden? War es nicht normal unter Freunden etwas Gutes zu tun?

Holger schenkte dem Kapitän einen mitleidvollen Blick, ärgerte er sich doch auch etwas darüber, dass sowas passieren musste. Gerade als die Stimmung doch eigentlich so gut gewesen war. Aber war sie deshalb schlechter geworden? Das leichte Verbrühen schien Philipps guter Laune jedenfalls keinen Abbruch zu tun, wie sich zeigte, als dieser sich an dem metallischen Bettgitter abstützte und das anfängliche Thema aufgriff.

„Wir sind aber ganz davon ab, dass du nach Deutschland zurückdarfst“, stellte er fest. „Das ist echt super.“

Sofort zauberte er damit ein Lächeln in Holgers Gesicht. Die Nachricht kam total unerwartet, aber sie war wenigstens mal etwas schönes zu den ganzen Hiobsbotschaften. Der Innenverteidiger versuchte den freien Oberkörper Philipps nicht allzu sehr zu mustern, was auch einigermaßen klappte, denn ein Gedanke ließ Holger nicht mehr los. Ein schöner Gedanke, der zwar von den Krücken überschattet wurde, aber trotzdem erfreuend war. Das Pokalfinale, das er so miterleben konnte. Live in Berlin. Und danach mit der Mannschaft feiern. Verletzung hin oder her, aber das klang doch schon mal super!
„Wann geht denn eigentlich der Flug?“, fragte er. Das Lächeln bekam er gar nicht mehr aus dem Gesicht.

Philipp konnte nur Lächeln, als er ihn ansah. Dieses Strahlen tat unglaublich gut. Endlich lag nicht mehr der traurige Schleier auf Holgers Gesicht.
„Gegen halb Elf glaube ich. Wir werden um halb Neun Uhr abgeholt“, erklärte er.

Halb neun war es dann also soweit und er konnte diese Klinik vorerst hinter sich lassen, um nach Berlin zu seinen Jungs zu kommen und das mögliche Triple zu feiern!

„Soll ich eigentlich vorher hochkommen oder hilft dir jemand mit dem Koffer?“ Sicher war Schwester Anna da. Die gute Seele des Krankenhauses.

Holger zuckte mit den Schultern und wandte seinen Blick überlegend ab. Eigentlich war er sich sicher, dass Schwester Anna ihm helfen würde, aber es war auch nicht verkehrt, wenn Philipp zu ihm aufs Zimmer kam. „Ich denke Schwester Anna oder so wird mir schon helfen... also, wie du willst.“ Er wollte nicht über ihn bestimmen.

Holger ließ ihm also offen, ob er Hilfe brauchte mit dem Koffer. Gut, er konnte ja gucken, wie es bei ihm aussah. Wenn Philipp die Zeit hatte, kam er gerne helfen.
Er zog sich den Stuhl ans Bett, ließ sich darauf nieder und verschränkte die Arme hinterm Kopf. „Dann brauchen Basti oder Mario dir deine Playstation gar nicht mitbringen, dann kannst du sie in München fertig machen“, grinste er. Und was war mit Philipp selber? Er konnte auch einfacher vorbeikommen. Einfach „Hallo“ sagen, wenn ihm danach war. Keine großartigen Überlegungen, ob sich der Flug lohnen würde oder nicht. Ob Holger ihn wirklich sehen wollte oder nicht. Und er konnte gehen, wenn er wollte. Wenn er wieder zurückgestoßen werden würde. Hoffentlich war das in München nicht der Fall.

Holger traute seinen Augen kaum, als Philipp sich einen Stuhl heran zog, sich relativ nah zu ihm setzte und seinen Oberkörper leicht nach hinten verlagerte. Die Arme hinter den Kopf verschränkt. Machte Philipp das eigentlich mit Absicht? Präsentierte seinen freien Oberkörper in verschiedenen Positionen und lenkte dadurch Holgers Blick automatisch darauf. Der Innenverteidiger hoffte so sehr nicht rot zu werden.

„Oh“, plötzlich setzte Philipp sich wieder waagerecht hin. „Ich sollte mich vielleicht nicht anlehnen“, stellte er intelligent fest und grinste verlegen über seine eigene Dummheit.

Holger blickte wieder auf, ließ sich von dem verlegenen Grinsen anstecken und schmunzelte. „Ist nicht ganz so klug.“ So... und wieder verfing er sich in diesem Starren auf Philipps Oberkörper. Schnell ablenken... Holger suchte fieberhaft nach irgendetwas, worüber er reden konnte. Was hatte Philipp wegen der Playstation zu ihm gesagt? Ach ja. „M-mir ist es sogar letztens erst gelungen Basti fertig zu machen, was ich sonst eher selten schaffe.“ Jetzt konnte sich Philipp schön seinen Teil denken. Was redete er da überhaupt für einen Mist? Was interessierte das denn den Kapitän, ob er Basti beim Spielen bezwungen hatte oder nicht?

Philipp war zugegebener Weise verwirrt. Stotterte er etwa? Warum das denn?
„Gut, dass Basti auch mal einen auf den Deckel bekommen hat“, grinste er und überging das Stottern einfach mal. Vielleicht hatte er es sich ja auch nur eingebildet.

Beschämt schaute Holger zu Boden, seine Unruhe regierte im Moment in ihm. Um nicht mehr in Versuchung zu kommen, Philipp weiter anzuschmachten, sprang er rasch auf, nahm die Krücken und humpelte zum Schrank. Er hängte das nasse Shirt zur Seite und öffnete eine Schranktür, um die Reisetasche und seinen Rucksack hervorzuziehen.
„Haben diese Jungs, mit denen du im Park gespielt hast, eigentlich noch was zu dir gesagt? Ihr seid eine kurze Zeit ja nur rumgestanden“, fiel es ihm wieder ein, da er gerade sein Trikot aus dem Schrank holte und so schmerzhaft daran erinnert wurde, dass sie ihn gar nicht erkannten. Rückennummer 28, Badstuber; wer war das schon?


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