Kapitel 38 - Die zwei Gesichter des Feierns



Irgendwann kam der Bus dann sogar am Rathaus an. In Philipp stieg die Vorfreude. Das war unglaublich. Wieso zur Hölle freute er sich so unglaublich darauf Holger zu sehen? Er konnte es sich selber nicht erklären.

„Heeeeeya!“ Manuel torkelte als erster die Treppe herunter.

„Wer hat dem denn so viel Alkohol gegeben?“, fragte Arjen grinsend.

„Ich würde ja eher fragen, warum verträgt der so wenig? Oder hat er noch so viel Alkohol von gestern im Blut?“, feixte Xherdan.

Philipp schmunzelte. Recht hatten beide. Aber das änderte nichts daran, dass sie sich nicht mal beeilen konnten, um von diesem dämlichen Bus runterzukommen. Irgendwann war Philipp auch mal unten, natürlich gab er gerne noch ein Interview, dazu war er nun mal auch Kapitän. Er beantwortete zwei, drei Fragen, ehe er gehen konnte. Inzwischen waren einige Spieler schon an ihm vorbei. Eilig folgte er ihnen die große Treppe hoch. Wo war Holger? Er sah sich um. Inzwischen war er in der Etage, die zum Balkon führte. Leute gratulierten ihm und er schüttelte Hände. Alles halbherzig. Er lächelte zwar, hörte zu, sagte ein paar Worte, ging aber rasch weiter. Wo war Holger?
Da sah er ihn. Er stand vor einem Stuhl auf seinen Krücken. Warum saß er denn nicht? Philipp ging ein paar Schritte weiter, blieb dann stehen. Es waren noch etwa acht Meter bis zu ihm. Vielleicht auch weniger. Es tat so gut ihn zu sehen, so unglaublich gut. Obwohl er nicht sonderlich glücklich schien.
„Holger…“, flüsterte Philipp, wollte gerade auf ihn zugehen als ihm jemand zuvor kam.

„Hey, da ist Holger!“

Plötzlich lief Bastian an ihm vorbei und Mario folgte ihm auf dem Fuß. Natürlich stürmten zwei seiner besten Freunde direkt auf ihn zu, da blieb Philipp außen vor. Vielleicht hätte er einfach zu ihm gehen und nicht stehen bleiben sollen. Selbst schuld. Langsam und zögerlich näherte Philipp sich nun doch. Er wollte ja nicht stören, während sie sich nun nach fast zwei Wochen, einer Operation und der bescheidenen Diagnose wiedersahen.

Holgers Aufregung stieg, als er die ersten Gesichter seiner Kollegen erkannte. Aber in der ersten Etage war so viel los, da war es nicht verwunderlich, wenn man ihn nicht gleich entdeckte. Die meisten sahen sich auch nicht wirklich nach Holger um.
Kopfschüttelnd beobachtete der Innenverteidiger den torkelnden Torhüter, der lachend zum Balkon stolperte. Der musste ja schon wahnsinnig viel getrunken haben, so wie der drauf war. David, noch deutlich nüchterner, ging ebenso an ihm vorbei und begrüßte ihn kurz, bevor er von Xherdan schon weitergezerrt wurde. Holger nahm es keinem von ihnen übel, jetzt war es eben wichtiger mit den Fans das Triple zu feiern.
Je länger er wartete, desto mehr fühlte er sich wie bestellt und nicht abgeholt. Einige Leute drängten sich in seine Sicht, was Holger entnervt zur Kenntnis nahm und ein Stück zur Seite hopste.
Bei einem lauten Ausruf seines Namens, unverkennbar Bastis Stimme, schaute Holger erwartungsvoll auf und glaubte Philipp auszumachen, doch statt dem kleinen Kapitän stürmten Basti und Mario auf ihn zu.

„Endlich bist du wieder bei uns in München!“

Basti zog ihn in eine herzliche Umarmung und lächelte ihn freudestrahlend an. Mario nicht minder gut gelaunt. Die Umarmung des Stürmers tat gut, egal, was dieser auch von Vail mitbekommen hatte. Holger lehnte seine Stirn an Marios Schulter, der grinsend durch seine Haare wuschelte.

„Dein Date wartet übrigens auf dich.“

Während Basti von Thomas förmlich auf den Balkon gestoßen wurde, damit die Feier starten konnte, ließ Mario leicht von Holger ab und lachte Philipp an, der an sie herangetreten war. Holger glaubte sich verhört zu haben. Date? Unwillkürlich beschleunigte sich sein Herzschlag. Mario machte vermutlich nur einen harmlosen Scherz, da Philipp ihm sicher nichts von diesem Kuss erzählt hatte, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass er sich freute, dass der Kapitän wieder in seiner Nähe war. War das noch normal? Sie trennten sich Freitag und Holger wäre Philipp am liebsten um den Hals gefallen. Gut, dass es da noch die Krücken gab, die ihn daran hinderten. Waren sie wenigstens zu irgendetwas gut.

Philipp wartete geduldig, damit Mario und Basti Holger in Ruhe begrüßen konnten. Bastian wurde schnell von Thomas weitergezogen, Mario nicht. Er sagte etwas zu Holger, aber Philipp verstand es bei dem Trubel, der herrschte, nicht. Es irritierte ihn aber, dass Mario ihn dann so angrinste. Was hatte er Holger denn vorher gesagt?

Aber er kam nicht dazu endlich zu dem Innenverteidiger zu gehen, Jupp kam ihm zuvor und sagte etwas zu ihnen. Jupp klopfte Holger auf die Schulter und drückte ihn leicht und vorsichtig an sich. „So, Triple-Helden!“, richtete er die Worte an Philipp, Mario und Holger. Bewusst sah er den Innenverteidiger dabei intensiver an als die anderen beiden, damit der nicht glaubte, er gehörte da nicht dazu.
„Jetzt lasst uns nochmal mit den ganzen Fans feiern, die trotz des Wetters stundenlang herumstehen.“ Allerdings bekam Jupp dann die Information, dass sie alle der Reihe nach aufgerufen wurden und nicht gleichzeitig den Balkon stürmen konnten.

Das war ihm gerade so egal. Egal, ob sie alle auf einmal oder einzeln auf diesen Balkon gingen. Hauptsache Philipp konnte endlich Holger begrüßen und ihn in die Arme nehmen.

„Für jeden extra Applaus. Klingt auch gut“, lachte der Trainer.

Nachdem Jupp weggesehen hatte, schielte Holger zu Philipp. Hatte der überhaupt gefeiert? Es waren keinerlei Anzeichen von Augenringen zu erkennen. Da wirkten Basti und Mario im Vergleich kaputter.

Holger schielte zu ihm rüber und Philipp grinste ihn einfach an. Warum? Wusste er selber nicht, aber es fühlte sich gut an.

„Du wirst wieder so ziemlich der letzte sein, Pippo“, schmunzelte Mario, als er nach einigen Minuten seinen Namen hörte und auf den Balkon gerufen wurde. „Also, wir sehen uns draußen“, zwinkerte er Holger nochmal zu und ließ die beiden alleine.

Er sah auf zu Mario. „Soll mir recht sein“, gab er zurück.

Jupp achtete nicht mehr auf sie und auch Mario war auf dem Balkon. Philipp richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf Holger. Er konnte nicht anders als die letzten Meter schnell zu überbrücken und seine Arme um Holger zu schlingen.

„Ich bin froh dich zu sehen“, gestand er ihm, fuhr sanft seinen Rücken rauf und runter.

Das Gefühl Holger in seinen Armen zu halten war unbeschreiblich gut. Philipp wusste nicht, warum es so war, aber diese Frage stellte er sich gerade nicht.

Wie sehr er seine verdammten Krücken in genau diesem Moment verfluchte! Er wollte ihn auch umarmen, seine Arme um ihn schlingen und fest an sich drücken. Holger schloss seine Augen und lockerte den Griff um seine Krücken. Er schmiegte sich sichtlich in die Umarmung, so weit es ihm eben mit Krücken möglich war. Aber er wollte in diesem Fall mehr. Nicht nur anlehnen. Zögerlich rutschten seine Arme von den Krücken, sodass eben jene polternd zu Boden fielen und er so die Aufmerksamkeit auf sich und Philipp lenkte. Aber das war Holger egal.
„Ich auch“, hauchte er, schlang seine Arme um den kleinen Körper des Kapitäns und atmete zufrieden durch. Das fühlte sich so gut an. Holger fühlte sich in diesen Armen geborgen und er wünschte, er müsste ihn nie mehr lösen. Philipp konnte sich gar nicht vorstellen, welch große Bedeutung diese zwei Wörter für Holger hatten.

Widerwillig löste Philipp sich von ihm, strich kurz über seine Wange und musterte ihn fast schon besorgt. „Alles okay bei dir? Du siehst nicht sonderlich gut aus, wenn ich ehrlich bin.“

Stumm seufzend löste er sich von Philipp, nachdem dieser sich zurückgezogen hatte. Er stützte ihn aber noch etwas, weil die Krücken auf dem Boden lagen. Die sanfte Berührung an seiner Wange ließ Holger traurig lächeln. „J-ja, geht schon“, nickte er. Er wollte stark sein. „Hab nur wenig geschlafen heute Nacht.“ Zum Glück hob Philipp seine Krücken auf und reichte sie ihm, damit er sich wieder auf diese stützen konnte. Dennoch glaubte Holger zu erkennen, dass der Kapitän seiner Aussage nicht so ganz Glauben schenkte, weswegen der Innenverteidiger versuchte ein Lächeln zu imitieren.

Holger hatte wenig geschlafen? Aber jetzt war er doch wieder Zuhause in seiner gewohnten Umgebung… Philipp suchte das Problem an der ganzen Sache und er nahm Holger auch das Lächeln nicht ab. Er kannte es aus Vail und da war es oft nicht aufrichtig gewesen.

„Philipp? Kommst du?“

Was? Jetzt schon? Er seufzte.

Holger war das irgendwie ganz recht so, allerdings rückte der Zeitpunkt näher, an dem auch er mit auf den Balkon musste. Es war wirklich nicht so, dass er nicht wollte, aber... nein, es ging einfach nicht.

„Wir reden später.“ Philipp strich Holger noch mal neckend durch die Haare und ließ sich dann mitführen. Es war ja nicht so, dass er nicht feiern wollte. Er wollte es ja, die Fans hatten es sich auch verdient, aber irgendwie… der Zeitpunkt war echt schlecht.

„Holger, sollen sie dich auch ausrufen?“, fragte Florian vorsichtshalber nach. In Holger zog sich augenblicklich alles zusammen. Wenn er verneinte, enttäuschte er Philipp und wenn er bejahte, trieb er sich an seine mentale Schmerzgrenze. Träge schüttelte er den Kopf und drängte die Tränen zurück. Florian nickte verständnisvoll. Er verschwand aber kurz darauf, um anscheinend jemanden darüber zu informieren.

„Hier, nimm die mit.“ Philipp wurde die Meisterschale in die Hand gedrückt und er sollte bei der Tür warten bis er aufgerufen wird. Philipp legte in dem Moment einen Schalter um. Zumindest versuchte er es, um ohne Gedanken an Holger feiern zu können.

„Und auch sein Name steht ab sofort in den Geschichtsbüchern des Fußballs dieses Vereins. Er ist der Kapitän der ersten Triple-Mannschaft des FC Bayern. Ein gebürtiger Münchener. Unsere 21 Philipp…“

„Lahm!“

Er grinste. Das Gefühl war toll. Mit dem Rücken vorweg ging er auf den Balkon und präsentierte den Fans dann die Meisterschale. Die Co-Trainer wurden aufgerufen und er reichte sie weiter an Hermann Gerland. Er hatte sie sich verdient. Aber… die Trainer? Wurde Holger nicht mehr extra aufgerufen? Vermutlich war es zu viel für ihn. Egal, nicht dran denken, feiern.


Dr. Müller-Wohlfahrt, der sich bisher eher im Hintergrund hielt, wies Holger an sich zu setzen.
„Alles in Ordnung?“

„Geht schon“, murmelte der Blonde und rieb sich über die Augen.

Von draußen hörte er die lautstarke Musik und den Jubel der Fans... Er müsste lügen, wenn er behauptete, dass ihm das nichts ausmachte.

„Hier, trink das.“ Der Mannschaftsarzt reichte Holger ein Glas Wasser, beobachtete ihn noch kurz, ehe er sich zum Balkon begab, um die feiernde Mannschaft zu erleben.

Philipp lachte, jubelte, sang und klatschte mit. Der Grund, warum sie hier standen… das alles war Gänsehautfeeling pur.
Dann wurde Holger neben Gustavo und Dante doch noch erwähnt. Das Video lenkte aber irgendwie von dem Innenverteidiger ab. Es war lustig, aber wo war Holger? Philipp sah ihn nicht und das machte ihm Sorgen. Aber erst kamen noch Rummenigge und Hoeneß… dann der Bürgermeister. Wow, es war eine Ehre sich ins Goldene Buch er Stadt eintragen zu dürfen. Allerdings wurde erst noch gefeiert.

Holger verlagerte sein Gewicht leicht nach vorne, stützte seine Arme auf seine Oberschenkel und fuhr sich angestrengt durch die Haare. Jede Minute wurde dieses erdrückende Gefühl schlimmer. Je lauter die Fans tobten, je eher er das Gebrüll seiner Kollegen vernahm und je monströser die Lautsprecher auf dem Balkon ihren Klang absonderten.

Philipp erfüllte seine Pflicht, animierte die Fans, dann Bastian, Franck… eine gute Gelegenheit. Der Kapitän hielt es nicht mehr aus. Er drängte sich an den anderen vorbei ins Innere des Gebäudes.

„Philipp? Wo willst du hin?“, rief ihm jemand nach.

„Komme gleich wieder“, wehrte er ab und suchte Holger. Er saß auf dem Stuhl vor dem er eben gestanden hat.
„Holger…“, vorsichtig kam Philipp näher.

„Philipp, du musst wieder raus!“

Genervt drehte er sich um: „Zwei Minuten.“

„Die hast du gleich. Die Fans erwarten dich da draußen.“

Er wurde am Arm gezerrt. Scheiße… ein trauriges Lächeln, was er Holger schenkte, ehe er wieder nach draußen geschoben wurde. Okay, Schalter umlegen und feiern. Es war fast ein Wunder, wie gut das klappte. Aber er blendete Holger einfach aus. Er dachte nicht an ihn. Er genoss den Augenblick, genoss die Minuten. Der Augenblick war atemberaubend. Trotz des bescheidenen Wetters waren so viele Fans da. Das war nicht selbstverständlich. Es war wirklich ein tolles Gefühl dort oben zu stehen und gefeiert zu werden. Dann verzogen sich die ersten und Philipp mischte sich unauffällig mit dazu. Endlich rein zu Holger. Wieder wurde er strafend angesehen, aber es war ihm egal.

Eine Hand auf seiner Schulter ließ Holger aufsehen. Mario sah ihn von oben herab an und lächelte mitfühlend.

„Hast du es auch gehört, Holger? Wir dürfen uns alle ins Goldene Buch eintragen.“

Holger blickte Mario an, als wäre er grün im Gesicht. Ja, was hatte er jetzt damit zu tun?

„Du auch. Jetzt komm.“ Der Stürmer machte eine drängelnde Geste, wodurch Holger sich anstrengen musste keinen entnervten Seufzer von sich zu geben.

Er war eben nicht mehr so schnell, aber das schien Mario wohl auch eingesehen zu haben. Während er sich durch die Leute drängte und Mario hinterher hopste, fand er es eigentlich gar nicht mehr ganz so schlecht weggeholt worden zu sein. So musste er Philipp erstmal nicht gegenüber treten. Er hatte ihn vorher schon so skeptisch angesehen, weswegen Holger vermutete, dass er ihm das Lächeln gar nicht abkaufte. Und jetzt auch noch in sein enttäuschtes Gesicht sehen zu müssen, weil er nicht auf den Balkon getreten war, wie er es eigentlich versprochen hatte, wollte er auch nicht. So weh es auch tat.

„Holger…“ Philipp steuerte den Stuhl an, aber der war leer. Wo war er denn jetzt schon wieder?

Mario, er und noch einige seiner Kollegen versammelten sich bereits im Raum. Der kroatische Mario war der erste, der sich mit dem Bürgermeister unterhielt und einen Kugelschreiber in die Hand gedrückt bekam. Der Halbspanier war irgendwie in diesem ganzen Trubel schon wieder aus seinem Sichtfeld verschwunden. Irgendwie wirkten sowohl Holger als auch er verloren. Wie eine Art Fremdkörper, der nicht mehr zur Mannschaft gehörten. Der Blick des Innenverteidigers wanderte zu eben jenem Buch, was ihn traurig seufzen ließ. Es fühlte sich nicht richtig an seinen Namen einzutragen. Ja, er gehörte zur Triple Mannschaft, aber wie er es im Interview bereits erwähnte, konnte er nicht wirklich viel dazu beitragen. Und das würde auch die nächste Saison so bleiben. Mit viel Pech würde es auch für immer so bleiben.

„Was stehst du hier so rum?“

„Hm?“ Philipp drehte den Kopf und erblickte David.

„Komm, wir müssen weiter zum Buch.“ Der Österreicher lachte und marschierte dann mit Mario Mandzukic weiter.

Philipp seufzte stumm. Holger war bestimmt auch schon dort. Er folgte dem Trott also. Er lächelte zwar, aber so ganz wollte es nicht über seine Laune bestimmen. Er machte sich wirklich Sorgen um Holger. Ob ihn das wohl alles überforderte? Oder hatte er sogar Schmerzen im Bein? Er wusste es nicht. Hoffentlich hatte er gleich die Gelegenheit mit Holger zu reden. Wenn Philipp aber ehrlich zu sich selber war, wusste er, dass dem nicht so sein würde. Wie denn auch? Nicht in dem Tumult.

Immer mehr Spieler und Mitarbeiter des FC Bayern füllten den Raum, darunter konnte Holger aber Philipp nicht erkennen. Was ihn auch nicht sonderlich wunderte. Entweder er gab noch Interviews, schließlich war er Kapitän, oder er war durch seinen Körpergröße komplett hinter den Größeren abgetaucht.
Schließlich war nun auch Holger an der Reihe sich einzutragen. Und wieder wurde ihm bewusst, wie unnütz seine dämlichen Krücken doch waren. Ein Mitarbeiter des Rathauses hielt seine rechte Krücke fest, damit der Innenverteidiger sich im Stand nach vorne lehnen konnte, um seinen Namen auf das weiße Blatt zu setzen. Richtig fühlte sich das immer noch nicht an. Genauso wenig wie er Stolz verspürte. Er überreichte Manuel, der nach ihm dran war, den Kugelschreiber und hopste zurück zu den ganzen anderen. Dabei den Blick gesenkt, obwohl er schon gerne den Raum nach Philipp abgesucht hätte. Nicht um mit ihm zu reden, nur um ihn zu sehen...
Plötzlich veranlassten ihn zwei Hände an seinem Gesicht aufzusehen. Er blickte direkt in Manuels Augen. So dicht beieinander roch der Innenverteidiger natürlich sofort den Alkoholgeruch in dessen Atem.

„Is'n geiles Gefühl, oder?“, lachte er flüsternd, „Das Triple... wow.“

Er wuschelte noch leicht in den blonden Haaren, bevor er von ihm abließ. Holger lachte sogar leicht, wie könnte er auch nicht bei Manuels Verhalten? Er war wahrlich das Feierbiest Neuer. Wie wohl seine Unterschrift im Goldenen Buch aussah?

Es ging auch irgendwie plötzlich alles ganz schnell. Philipp unterschrieb in dem großen Buch, lächelte in die Kameras, aber dann löste sich der Pulk auch schon auf. Die ersten Spieler fuhren nach Hause zu ihren Familien, ihren Freundinnen und vor allem zu ihren Betten. Schlaf, welch kostbares Geschenk sie in der letzten Nacht nicht wirklich wahrnehmen konnte.
Planlos und irgendwie auch hilflos stand Philipp im Rathaus.


„Soll ich dich nachher mitnehmen? Carina kommt her, bringt das Auto und da könntest du gleich mitfahren. So sparst du dir das Taxi“, bot Mario, der hinter ihm auftauchte, an.

Holger überlegte nicht lange und willigte ein. Aber wenn er jetzt gleich mit ihm abhauen würde, erweckte es bei Philipp doch sicher den Eindruck, er würde ihm ausweichen, oder?


„Wiiiiie? Was’n das hier? Alle weg?“ Manuel erschien an Philipps Seite und schaute sich verwirrt um. „Ich dachte, wir wollten feiern.“

„Manu, feier Zuhause weiter.“ Thomas legte ihm einen Arm um die Schultern. „Machen alle anderen auch.“

„Hm… okay. Taxiiiiii!“, er lief unbeirrt weiter.

Kopfschüttelnd sah Philipp ihm nach.


„Was ist mir dir?“, holte Thomas in aus seinen Gedanken. „Lisa kommt gleich und holt mich ab. Wir können dich mitnehmen.“

„Ja, danke, das wäre nett.“ Philipp nickte und Thomas lächelte kurz, ehe er noch mit irgendwem sprach. Der Kapitän sah sich um. Holger war weg. Ging er ihm aus dem Weg? Aber warum? Er hatte sich doch auch gefreut ihn zu sehen oder etwa nicht? Nein, an den Worten musste was Wahres dran sein, sonst hätte sich die Umarmung niemals so gut angefühlt. Und warum sollte er sonst seine Krücken fallen lassen? Das war doch absurd.
Seufzend griff er nach seinem Handy. Er würde Holger eine SMS schreiben. Aber er wusste nicht, wie er das formulieren sollte. Alles, was er in seinem Kopf zusammenstellte, klang… irgendwie komisch. Egal.

//Und jetzt ist die Feier zu Ende und du bist weg… wo bist du? Zuhause? Kann ich vorbeikommen? Meld dich bitte! Phil//

Als die Nachricht dann endlich raus war, rief Thomas ihn zu sich. Nach Hause. Schlafen. Er kam zu seiner Frau und zu seinem Sohn. Und doch drehten sich seine Gedanken nur um Holger. Langsam beschlich Philipp das Gefühl, dass hier irgendwas falsch lief.

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