Kapitel 48 - Endgültig?


Als Holger es weiterhin vorzog zu schweigen, ergriff Mario das Wort. „Du kennst mich. Ich bin Fußballer geworden, um Fußball zu spielen. Auf der Ersatzbank sitzen... das liegt mir einfach nicht. Es geht mir auch nicht nur um Titel. Ich bin mit dem FC Bayern Championsleague-Sieger geworden. Was will man mehr?“ Er lächelte stolz, ehe er fortfuhr. „Es ist ohnehin noch nichts in trockenen Tüchern. Ich muss mich in den nächsten Tagen mit meinem Berater zusammensetzen.“

Holger nickte nur, äußerte sich nicht dazu.

„Naja, drei Marios ist einer zuviel“, witzelte der Stürmer.

Der Blonde konnte nur müde lächeln.

Es war nicht so, dass er Mario nicht verstehen konnte, aber trotzdem war der Gedanke, dass er nicht mehr in München lebte, nicht sonderlich toll.
„Mir wäre es lieber, wenn du hier bleibst“, gab er zu. „Aber du musst selbst wissen, was das Beste
für dich ist. Was sagt denn Carina dazu? Immerhin geht es sie ja auch etwas an.“

„Für sie wäre ein Umzug in Ordnung. Von ihr bekomme ich den nötigen Entscheidungsfreiraum, den ich brauche. Aber lass uns von was anderem reden. Es gibt ja auch noch was außer dem Fußball Geschäft, oder? Hast du gestern noch gefeiert?“

Holger war mit dem Thema jetzt auch nicht glücklicher, wenn er ehrlich war. Er vertraute Mario schon, aber er würde mit Sicherheit keiner weiteren Person erzählen, was gestern Abend vorgefallen war. Zum Glück konnte er Philipp voll und ganz vertrauen, er würde mit Sicherheit niemandem davon erzählen.
„Nur gezockt“, log er schulterzuckend.

„Hast dich also für die Niederlage trotzdem vorbereitet“, grinste Mario den Innenverteidiger an, der langsam verstand, worauf der Stürmer anspielte.

Zocken war eine nette Ablenkung, auch wenn er ziemlich sicher war, dass der Stürmer die Niederlage einstecken durfte. So oft spielte dieser nun mal nicht auf der Playstation, als dass er einen Profi wie Basti oder ihn einfach bezwingen konnte.


Claudia fuhr auf dem direkten Weg zu Sarah. Diese öffnete ihr im Bademantel die Tür. Die Haare waren noch nass.

„Claudia... guten Morgen, was machst du denn hier?“ Überrascht sah das Model sie an, ehe sie registrierte, dass sie weinte. „Claudia?“

„Ka-kann ich reinkommen?“, schluchzte sie. Claudia war nie jemand, der viel weinte, aber in dem Moment in dem sie aus dem Auto gestiegen war, war es über sie gekommen.

„Natürlich.“ Fürsorglich legte Sarah ihr einen Arm um die Schultern und führte sie in die Küche. Dort goss sie ihr einen Kaffee ein. „Und jetzt erzähl, was passiert ist.“


Philipp hatte sich irgendwann was angezogen. Seine Jogginghose, ein Shirt... dann stand er zögernd vor seinem Koffer. Er nahm Holgers Jacke heraus und zog sie sich über. Das Wetter war immer noch kalt und ungemütlich draußen. Er setzte sich in einen Sessel vor der großen Fensterfront im Wohnzimmer. Immer wieder seufzte er. Was sollte er denn nur machen? Holger würde wieder zusammenbrechen, dessen war er sich sicher.
Er warf einen Blick auf die Uhr. In zwei Stunden würde sein Sohn wiederkommen und seine Frau? Er wusste es nicht... was machte diese Re-Ruptur alles kaputt? Wenn er Pech hatte zu viel.


„Er hat wirklich gesagt, du sollst alleine mit Basti und mir fliegen?“, traute Sarah ihren Ohren nicht und strich beruhigend über Claudias Rücken. Sie war ganz aufgelöst, als sie davon erzählte.

„Ich soll mir doch mit dir einen schönen Urlaub machen und Basti soll Lukas einladen“, wiederholte sie Philipps Vorschlag und schüttelte mit einem verächtlichen Schnauben den Kopf.

Basti, der um die Ecke zur Küche stand, hielt inne und lauschte dem Gespräch der beiden Frauen. Auch er schien sichtlich erstaunt über Philipps Vorhaben in München bei Holger zu bleiben. Was war denn bloß in den Kapitän gefahren?

„Unsere Ehe war so perfekt... bis Holger kam“, schnaubte Claudia abermals.

Basti schluckte beklommen. Bis Holger kam? Also wüsste er es nicht besser, hätte er behauptet, dass sich der Innenverteidiger zwischen sie stellen wollte, aber Holger hatte weiß Gott andere Probleme im Moment. Und genau das war das Stichwort. Der Innenverteidiger brauchte vermutlich Unterstützung und außer Philipp war niemand für ihn da, der sich selbstverständlich für ihn verantwortlich fühlte. So reimte sich Basti das jedenfalls zusammen.

„Vielleicht hat er inzwischen eingesehen, dass das Schwachsinn ist. Er kann ja danach wieder für Holger da sein“, meinte Sarah dazu und war überfragt, wie man Claudia beruhigen konnte. Sie hatte ihre Freundin noch nie so bitterlich weinen sehen. Aber sie würde genauso reagieren, wenn Basti den Urlaub wegen eines Kumpels verschob.

Der Vizekapitän hatte genug gehört. Er schnappte sich Jacke und Autoschlüssel, zog sich Schuhe an und verließ ohne ein weiteres Wort das Haus. Er musste wissen, was in Philipp gefahren war, dass Holger ihm plötzlich wichtiger war als seine Frau.


Die Strecke zu ihm war schnell zurückgelegt. Basti parkte den Wagen und flitzte zur Haustür, an der er zweimal kurz klingelte und darauf wartete, dass ihm geöffnet wurde.

Philipp hatte einfach nur da gesessen und nachgedacht als es an der Tür klingelte. Überrascht hob er den Kopf und stand seufzend auf. Wer wollte denn jetzt was von ihm?
Er schlurfte zur Tür, öffnete sie direkt und war sichtlich erstaunt.

„Basti...“

„Hey Fips, kann ich rein kommen?“

„Ja, klar“, er nickte sichtlich verwirrt. „Was führt dich zu mir?“

„Claudia.“

Philipp hielt in seiner Bewegung inne und starrte ihn an. Damit hatte er jetzt nicht gerechnet, aber eigentlich hätte er es sich denken können. Betreten senkte er den Kopf. „Lass uns ins Wohnzimmer gehen. Willst du was trinken?“

„Grad nicht.“ Bastian folgte Philipp und dieser wusste, dass der Mittelfeldspieler ihm einreden wollte zu fliegen. Aber da hatte er sich eine unlösbare Aufgabe aufgelastet.

Philipp schien ihm die Entscheidung freizustellen, wo er sich hinsetzen sollte. Der Vize zog es vor sich im gemütlichen Sessel fallen zu lassen. Er wusste mit einem Mal auch gar nicht mehr, wie er das anfangen sollte. Aber das rückte auch in den Hintergrund, denn als er Philipp näher musterte, fiel ihm auf, dass ihm die Jacke viel zu groß war. Was aber längst nicht das einzige Detail war, das ins Auge fiel. „Die Jacke...“, begann er. Irgendwoher kannte er sie. Diese dunkelblaue Kapuzenjacke mit den hellblauen, fast eisblauen adidas-Streifen...
Hier lief mehr schief, wie er gedacht hatte.
„So eine hat Holger auch.“ Basti ahnte, dass es sich hierbei um die Jacke des Innenverteidigers handelte, da sie Philipp zu groß war. Das wären sonst sehr merkwürdige Zufälle, die aufeinander trafen.

Der Kapitän zuckte ertappt zusammen. Er hätte diese dumme Jacke nie anziehen sollen, wie sah das denn jetzt aus?
Philipp konnte sich noch nicht mal mehr eine Ausrede überlegen, da kam Bastian schon wieder auf ihn zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

„Willst du mir nicht sagen, warum du plötzlich lieber hier bei Holger bleibst, als mit Claudia den Urlaub zu genießen?“

Skeptisch zog Philipp eine Augenbraue in die Höhe. Klang das nur in seinen Ohren so komisch? Er beschloss gar nicht erst auf seine eigene Idee einzugehen. Vielleicht malte er sich da auch gerade zu viel aus. „Basti, ich...“, er wandte sich ab und wischte damit die Hand von der Schulter, die plötzlich ziemlich schwer zu sein schien. „Ich... man, Holger braucht mich gerade. Ich hab gesehen, wie sehr ihn das alles mitnimmt“, versuchte er zu erklären. Aber Basti würde es nie verstehen, denn er hatte ihn nie gesehen und er würde es nie erfahren. Das hatte Philipp ihm versprochen.

Basti hatte schon geahnt, dass Philipp ihm ausweichen würde. Seufzend sah er ihm nach, wie dieser sich abwandte. Die Erklärung verstand er. Also zumindest teilweise. „Ich weiß, dass es Holger nicht gut geht. Aber ist das ein Grund deinen Urlaub aufzugeben?“ Basti sah betreten auf den Boden. Er hatte das Gefühl, er kam gar nicht richtig an den Kapitän heran. „Es ehrt dich, Phil, dass du für Holger da sein willst, aber denk dran, dass du eine Frau und einen Sohn hast.“


„Und Holger kein kleines Kind mehr ist“, hängte der Vize dran.


Basti dachte bei Philipps letzten Äußerung daran, dass er das auf Vail bezog. Er wusste ja nichts von dem Zusammenbruch.


„Jeder weiß, dass es Holger mitnimmt so lange nicht mehr spielen zu können. Es dauert einfach seine Zeit bis er sich wieder berappelt. Gib ihm Zeit und Ruhe. Und wenn es dir hilft, dann ruf ihn jeden Abend an oder was weiß ich.“ Basti zuckte mit den Schultern und atmete tief durch. Er suchte gezielt Philipps Blick. „Jedenfalls hast du Claudia nicht gesehen, wie sehr sie das alles mitnimmt.“

Philipp ließ Bastian erstmal ausreden. Er wollte ihn nicht unterbrechen und er wusste auch nicht, was er eigentlich sagen sollte. Also nichts, was er verstehen würde.
„Glaubst du, ich weiß das nicht, dass ich eine Frau und einen Sohn habe?“ Er klang verständnislos, aber das war wohl eher dem Mittelfeldspieler gestattet. „Und ja, ich weiß auch, dass wir diesen Urlaub extra ohne Julian machen, um mal Zeit für uns zu haben, ohne Verpflichtungen. Aber... du verstehst das nicht“, er sah Bastian eindringlich an. „Du kannst es nicht verstehen. Niemand wird das verstehen können. Er... ich bin der einzige, der weiß, wie schlecht es ihm gerade geht. Ich weiß ja auch, dass Claudia nicht begeistert ist, aber...“

„Stimmt, ich versteh es auch so langsam wirklich nicht mehr“, stimmte Basti zu, unterbrach Philipp. „Es wird niemand verstehen können, wenn du nicht Klartext redest. Holger geht es schlecht, okay, das hab ich mittlerweile schon begriffen, aber ...“ Basti fühlte sich mittlerweile auch nicht mehr gut. Holger war einer seiner besten Freunde und jetzt durfte er sich von Philipp erzählen lassen, dass er der einzige war, der wusste, wie es dem Innenverteidiger wirklich ging? Sollte es nicht andersrum sein? Hätte er sich nicht um Holger kümmern sollen? Aber Sarah jetzt sagen, dass er nicht mitflog und dafür Philipp, erschien dem Vize auch nicht als die richtige Lösung.

Philipp seufzte, fuhr sich angestrengt durch die Haare und ging zur großen Fensterfront, schaute heraus. Fast als hoffte er dort die Antwort zu finden auf die Frage, was er tun sollte. „Ich kann ihn nicht alleine lassen“, hauchte er. Philipp spielte unbewusst am Reißverschluss von Holgers Jacke. Es war doch nicht so als würde er nicht wegwollen, aber... er konnte einfach nicht weg.

Basti folgte Philipp zur Fensterfront und blieb hinter ihm stehen. „Werd dir klar, dass du damit deine Ehe aufs Spiel setzt und überleg bitte, ob es das wirklich wert ist. Du bist lediglich fünf/sechs Tage weg, danach kannst du immer noch für Holger da sein. Da wirst du schon einen Nenner mit Claudia finden, aber nicht, wenn du den gemeinsamen Urlaub wegwirfst.“

Es schmerzte als Bastian erwähnte, dass er gerade wirklich seine Ehe aufs Spiel setzte. Hatte sie es bei Sarah noch mal erwähnt? Immerhin lag es auf der Hand, dass seine Frau dort war, sonst wäre Bastian nicht bei ihm aufgeschlagen.

Sollte der Vize noch etwas sagen? Gab es überhaupt noch etwas, was es wert war angesprochen zu werden? Nein, gab es nicht.
„Ich lass dich dann mal alleine. Wenn etwas ist, weißt du, wie du mich erreichst“, richtete er die Worte noch an seinen Freund und Kollegen, ehe er das Haus des Kapitäns verließ.

Philipp erwiderte gar nichts mehr, nickte nur und ließ Bastian dann gehen. Sein Spiegelbild im Fenster schaute ihm traurig entgegen. In dieser viel zu großen adidas-Jacke... plötzlich machte er denn Reißverschluss auf, zog sie hektisch von den Armen und warf sie in die nächstbeste Ecke. Die Hände ballte er zu Fäusten, aber er war keinesfalls sauer auf die Jacke oder auf Holger. Er war sauer auf sich, auf die Welt, auf sein Schicksal. Er konnte weder Holger noch Claudia vor den Kopf stoßen. Wobei er Holger noch nicht gesagt hatte, dass er bleiben würde... hatte er deswegen immer gezögert? Weil er wusste, dass er sich anders entscheiden würde? Es war doch zum Verrückt werden.


Als die Tür hinter Basti ins Schloss fiel, blieb er erneut stehen und schaute nachdenklich in den Himmel. Er wusste nicht, woher dieser Gedanke kam, aber er war sich sicher, dass Philipp seine Meinung nicht ändern würde und tatsächlich in München blieb, wenn er derweil nicht wusste, dass für Holger jemand da war.
Instinktiv kramte er sein Handy hervor und tippte eine SMS an Mario. Er musste mit jemanden reden. Über Philipp, über Holger... einfach über die gesamte Situation, für die er sich verantwortlich fühlte.


//Hey Mario, können wir uns treffen? Es ist wichtig und kann auch nicht aufgeschoben werden. In einer Stunde bei dir? Basti//


Holger führte mit 2:1, als das Spiel die Halbzeit bekannt gab. „Weiter? Oder brauchst du 'ne Pause?“, grinste der Innenverteidiger leicht.

Mario wollte schon nicken, als sich sein Handy in der Hosentasche bemerkbar machte. Im ersten Augenblick runzelte er die Stirn, ehe er kurz antwortete und das Handy wieder weg steckte. „Machen wir gleich weiter, ich muss nach dem Spiel dann auch los. Basti verlangt nach mir“, erklärte er. Natürlich fragte sich der Stürmer, was Basti so dringendes von ihm wollen könnte, aber er würde es ja sowieso in etwa einer Stunde erfahren.


Eine ganze Weile starrte er die Jacke einfach nur an, bevor er sie aufhob, fürsorglich abklopfte und dann doch wieder anzog. Seufzend setzte er sich wieder in den Sessel. Was sollte er nur tun? Er könnte wohl fragen, wen er wollte, er würde nur zu hören bekommen, dass er fliegen sollte. Aber Holger... alles in ihm sträubte sich dagegen ihn alleine zu lassen.
„Man, was soll nur machen?“ Er ließ den Kopf in den Nacken fallen und schloss die Augen.


Nachdem der Innenverteidiger das Spiel siegreich hinter sich gebracht hatte, verabschiedete sich Mario und fuhr auf direktem Weg zu sich nach Hause, wo Basti auch bereits auf ihn wartete. Das musste ja was ganz wichtiges sein.
„Hey Basti, ich war grad -“

„Lass uns erstmal reingehen“, unterbrach der Blonde den Stürmer, der ihn erstaunt musterte.

Mario sperrte die Wohnungstür auf und führte Basti in den Wohnbereich.

„Also was gibt es so wichtiges, was nicht warten kann?“ Sein erwartungsvoller Blick war nicht zu übersehen, da Mario keinesfalls entgangen war, wie besorgt und angespannt der Vize war.


Sarah hatte es geschafft das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken und Claudia konnte sogar leicht lächeln. Aber sie musste zugeben, dass sie gerade einfach nur hoffte, dass Philipp zur Vernunft gekommen war. Das Model hatte durchaus mitbekommen, dass Bastian die Wohnung verlassen hatte und sie würde ihre Hand dafür ins Feuer legen, dass er bei Philipp war. Hoffentlich mit Erfolg.

„Ich glaube, ich fahre langsam mal wieder. Ich will dir nicht deinen freien Tag klauen.“ Claudia stand auf.

„Meinst du? Du kannst gerne bis zum Mittagessen bleiben. Wir können zusammen was kochen.“ Besorgt sah Sarah sie an, aber sie bekam ein entschlossenes Nicken zur Antwort.

„Danke für das Angebot, ein anderes Mal gerne. Philipps Eltern bringen Julian gleich wieder. Er war heute morgen mit ihnen spazieren, damit er sich wieder daran gewöhnt bei ihnen zu sein.“

„Meld dich aber ruhig noch mal“, bot Sarah ihr an. Wieder ein Nicken. Sie sah Claudia an, dass es ihr lieber war, wenn sie das nicht tun müsste.

Sie verabschiedeten sich und Claudia setzte sich in ihren Wagen. Aber sie fuhr nicht direkt nach Hause. Sie fuhr zu Philipps Eltern. Wenn sie Glück hatte, waren sie noch Zuhause und sie konnte ihren Sohn abholen, dann musste sie erst mal nicht nach Hause, wo Philipp sicherlich auf sie wartete. Sie wollte nicht zu ihm und hören, dass er immer noch an seiner Entscheidung festhielt. Sie wollte ihn doch nicht verlieren.


„Philipp will nicht nach Hawaii fliegen.“ Bastian unterdrückte ein Seufzen. Der Grund kam dem Vize so seltsam vor.

Mario wirkte irritiert, wartete gebannt auf weitere Informationen.

„Er will wegen Holger nicht fliegen. Philipp hat sich in den Kopf gesetzt für ihn da sein zu müssen und das Claudia das nicht gut findet, kannst du dir bestimmt vorstellen.“ Noch bevor Mario in irgendeiner Weise ein Statement zu diesem Thema abgeben konnte, begann sich Basti in wilde Rage zu reden.

Er ging im Wohnzimmer auf und ab und gestikulierte wild. „Ich versteh ihn einfach nicht. Setzt wegen Holger seine Ehe aufs Spiel. Claudia stand weinend vor unserer Tür und das einzige was Philipp dazu sagen kann, ist, dass er Holger jetzt nicht alleine lassen kann. Und weißt du was das Schrecklichste an der ganzen Sache ist?“ Er blieb vor Mario stehen und suchte seinen Blick, er hoffte auf Unterstützung.
„Laut Philipp geht es Holger richtig scheiße und wir bemerken das gar nicht. Sollte nicht jemand von uns sich um ihn kümmern?“

„Also...“

„Was ist in Vail nur passiert? Die eine SMS von Holger nach dem Championsleague Sieg hat Philipp total aus der Bahn geworfen. Das ist doch nicht normal.“ Lag nicht schon auf der Hand, was mit den beiden los war? Bastian konnte und wollte nicht daran denken, dass da mehr als nur Freundschaft im Spiel war. Nein, das passte einfach nicht. Weder zu Philipp noch zu Holger.

„Es wäre nur gerecht, wenn ich mich um ihn kümmere. Holger war damals nach dem verpatzten Elf Meter auch sofort zur Stelle...“ Basti ließ den Kopf in den Nacken fallen und starrte ratlos an die Zimmerdecke. „Was sollen wir machen?“

Mario fuhr sich auf Bastis Frage hin überlegend durch die Haare. „Mein Flug geht erst Dienstagmorgen... bis dahin seid ihr doch in etwa wieder zurück, oder?“

Basti drehte den Kopf und blickte Mario aus einer Mischung aus Dankbarkeit und Erleichterung an.
„Ich muss sowieso noch etwas mit meinem Berater klären, bevor ich mal eine Woche mit Carina abschalten kann“, fügte Mario seufzend hinzu.

Bastis Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig. Er war nur so von Mitleid geprägt. „Auch wenn das eine Traumsaison war, so schwierig ist sie doch für Holger und auch für dich.“ Aber beide seiner Freunde trugen den Titel „Triple-Sieger“ zurecht!


Nachdem Mario verschwunden war, hatte Holger das Schlafzimmer aufgeräumt und war mehr als überrascht, als er Philipps Shirt noch immer unter dem Kissen vorfand. Wieso hatte er es denn nicht mitgenommen? Was sollte er davon halten?
Holger freute sich insgeheim sogar, dass es immer noch da war. Es war von Philipp und dessen Gegenwart wollte er nicht missen. Genauso wenig wie dieses Shirt, so albern es auch war.
Sein trauriger Blick fiel auf den Terminkalender. Mittwoch war er weg und Basti auch. Mario war da, aber er war eben nicht Philipp. Vorher aber kam natürlich noch Dienstag, an dem seine erste Rehaeinheit nach der Operation in Vail stattfinden sollte. Der Gedanke an die Säbener Straße schmerzte. Nicht nur, wegen seines gestrigen Zusammenbruchs. Alles in ihm sträubte sich dort hinzugehen. Vielleicht gab es in seinem Gehirn noch einen Bereich, der noch Hoffnung hegte, aber den hatte die Verzweiflung erfolgreich zurückdrängt, weswegen er sich dazu entschloss morgen nicht zu erscheinen.

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